Freitag, 24. August 2012

Das letzte Wehen

Ein Blatt weht einsam durch den Gang
von seinem Baum im Sturm verlassen.
Der Wind treibt es den Weg entlang
hinfort von bunt belaubten Gassen.

Es zieht hinab in einen Schacht
das Blatt das Vakuum der Leere.
Es trocknet dabei, wünscht sich, ach,
dass es noch fest am Baume wäre.

An Schachtes Boden ist ein Gleis,
zu dem den letzten Zug man sendet,
von dem das bleiche Blatt wohl weiß,
dass auch das schlimme Weh'n dort endet.

Es findet dort ersehnte Rast
von fremdbestimmtem Windestreiben,
als Eisenrädern schwere Last
zu feinem Staub es drauf zerreiben.

Donnerstag, 9. August 2012

Die Wahrheit über den Froschkönig

In meiner Serie "Märchen wie sie wirklich enden!" nun der vierte Teil: Die Wahrheit über den Froschkönig


Ein Frosch dereinst im tiefen Brunnen
lebte einsam vor sich hin.
Fade war’s, bis erst ein Summen,
dann ein Pfeifen ihm kam in den Sinn.

Verwundert sah das Tier nach oben,
blies auf zum Quaak den grünen Kropf,
als goldne Funken zu ihm stoben
und eine Kugel ihm fiel auf den Kopf

Weinend rief ein Frauenzimmer:
„Meine Kugel ist auf immer fort!“,
und das Weinen wurde schlimmer,
bis der Frosch kam hoch vom Schadensort.

Er schlug vor, wenn er sie hebe,
ihre Kugel, ganz aus Gold,
so sollt’ fortan er bei ihr leben,
und die Prinzessin ihm sei ewig hold.

Des Königs Tochter tat ein Nicken,
und der Frosch sprang rein ins Nass.
Ließ bald drauf sich wieder blicken,
und auch dem König kam’s zu pass.

Sein Name war Henry* der Dritte,
und Gäste hatt’ er zum Bankett.
Ein Frosch mit Schenkel, wie’s ist Sitte,
Fehlte ihm noch zum Büffett**.

Heute sitzt mit fehl’nden Beinen
der Frosch ganz still am Brunnenrand,
und vergönnt, dass man die Seinen,
auf dem Fest sehr lecker fand.

Und die Moral von der Geschicht:
Find’st du ne Kugel, heb sie nicht!


* französisch auszusprechen
** nicht französisch, sondern wie man's schreibt auszusprechen; selbst, wenn man es so nicht schreibt, und mit einem zweiten t und  sowie einfach so, dass es sich auf Bankett reimt. So!