Dienstag, 23. Juli 2019

Im Schatten der Sparsamkeit

Im Schatten der Sparsamkeit
Im September hatte ich in meiner Kolumne Frugalismus zum Thema, also die Philosophie jener Gruppe an sparsamen Menschen, deren Konsumreduktion nicht primär Umweltaspekten oder der inneren Ruhe zuzuschreiben ist wie bei den Minimalisten, sondern dem Wunsch, möglichst viel des Ersparten anzulegen, um schon viel früher, als vom Gesetzgeber vorgesehen, in Rente gehen können. Damals hatte ich mich entschlossen, einem Frugalisten gleich, eine Tabelle mit meinen Einnahmen und Ausgaben zu führen – mit grafischen Auswertungen und allem Schnick-Schnack und Bling-Bling, die mir ein modernes Tabellenkalkulationsprogramm bietet. Dadurch konnte ich viele Ausgabenherde identifizieren und reduzieren. „Was? Der Kostengraf meiner Restaurantbesuche ist höher als der meiner Nahrungsmittelausgaben?“ Kaum festgestellt, schon optimiert!

Dann hatte ich gelesen, dass Oliver Noelting, wohl der deutsche Pionier dieser wie so oft aus den USA stammenden Bewegung, teils über 70 Prozent seiner Einkünfte spart. Ich bin Sportler! Challenge accepted, dachte ich mir. Tatsächlich hatte ich es geschafft, in den knapp zwölf Monaten, in denen ich meine Ausgaben bislang monitore, im Schnitt fast 20 Prozent zurückzulegen. Allerdings musste ich auch feststellen, dass wir zwar das gleiche Spiel spielen, doch in anderen Ligen. Während er auf Bundesliganiveau unterwegs ist, mühe ich mich in der Kreisliga ab. Mit zwei Kindern kämpft es sich ein weniger anders um Platz eins als kinderlos. Trotz der ungleichen Voraussetzungen fand ich eine Lösung. Ich musste, um nicht einmal annähernd denselben Wert zu erreichen, in zwei der Monate lediglich doppelt so viel arbeiten. Okay, das war gemogelt, denn der Sinn ist ja, sein Konsumverhalten umzustellen und dadurch zum Zurücklegen für die Frührente zu kommen. Nur möchte ich ja eigentlich gar kein Privatier werden, und außerdem, mal ehrlich, wo im Sport auf diesem Niveau wird denn nicht gedopt? Genau hier liegt aber der Hund begraben! Um eine Idee zu kopieren, muss man das Konzept verinnerlichen. Um jemandem nachzueifern, muss man die unterschiedlichen Voraussetzungen würdigen und seine Ziele entsprechend anpassen.

Meine Ausgaben auf diese Weise im Blick zu haben, war und ist gut. Es schult meinen nachhaltigen Umgang mit dem eigenen Konsumverhalten, und mir hat es immens geholfen, ein paar Rücklagen zu bilden, obwohl ich fest im Glauben war, das gar nicht zu können. Und das gegen Ende sogar kontinuierlich, denn wer will schon einen Monat für Monat nach oben gehenden Grafen unterbrechen? Selbst wenn es nur ein paar zurückgelegte Euro am Monatsende sind. Da spart man sich allein wegen der Ästhetik eines Charts mal ein Stückchen vom Bäcker unterwegs ab und isst den mitgenommenen Apfel von zuhause. Frustrierend wird es nur, wenn man versucht, auf Euro komm raus, Vorgaben zu erreichen, die mit den persönlichen Voraussetzungen nicht zu erreichen sind. 
Juli ist Urlaubsmonat. Ich bin schon seit zwei Wochen über das hinaus, das ich mir mal im Monatsschnitt als maximale tägliche Ausgabe festgelegt hatte. Ist das schlimm? Ja, dachte ich noch vor einigen Tagen. Dann schaute ich mir meine Grafik an und widersprach mir. Wenn ich diesen Monat nichts zurücklegen kann, dann stimmt vielleicht der Quartalsschnitt wieder, und wenn selbst der nicht, dann bestimmt der Jahresschnitt. Meine Rücklage dient dem kleinen Eigenheim, und dem komme ich auch trotz Urlaub näher. Selbst wenn ich dafür die Skalierung meiner Grafik ändern muss, um mich in die nächste Liga zu mogeln.

Dienstag, 9. Juli 2019

Aber was ist mit China?

Aber was ist mit China?
Kürzlich führte ich parallel zwei Diskussionen in den Sozialen Netzwerken, und es dauerte nicht lange, bis ich den Eindruck gewann, meine Antworten in der einen in die andere kopieren zu können. Sie liefen beide auf dasselbe hinaus: Was ist mit China? Das Thema war unser Kohlendioxid-(CO2)- verbrauch und die Frage hinter allem: Was bringt es, wenn wir das Verbrennen fossiler Brennstoffe reduzieren, wenn in Fernost neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Das sind durchaus berechtigte Fragen, schließlich ist der Klimawandel ein globales Problem und Deutschland kann nicht einfach eine Glasglocke über sich ziehen, im Sinne von: Bei uns haben wir jetzt wieder gemäßigtes Klima, sollen die Chinesen doch unter ihrer noch gigantischeren Glasglocke selbst sehen, was sie davon haben! 

Zunächst ist es wichtig, das Thema einmal losgelöst von der Physik aus den Augen der Moralphilosophie zu betrachten. Einigkeit besteht, hoffe ich, darin, dass es nicht erstrebenswert ist, den Folgegenerationen die Lebensgrundlage zu entziehen, indem wir im Heute über das uns zustehende Maß Ressourcen verbrauchen, die dann im Morgen mangeln oder, noch schlimmer, die klimatischen Bedingungen drastisch verschlimmern. Das vorausgesetzt, muss sich die Frage anschließen, ob uns ein unmoralisch Handelnder von unserer eigenen Verpflichtung entbinden kann. Um es zu versinnbildlichen: Der Hund ist des Deutschen liebstes Tier. Konsens dürfte darin bestehen, dass man sein Haustier keiner Gewalt aussetzt. Wenn mein Nachbar seinen Hund tritt, ist das moralisch verwerflich. Wenn ich meinen flauschigen Vierbeiner nun unter Verweis auf das nachbarliche Verhalten ebenfalls zu treten beginne, bleibt es eine moralische Verwerfung. Ähnlich verhält es sich moralisch auch mit dem Umgang mit unseren Ressourcen. Ersetze Hund durch fossile Ressourcen und Nachbar durch China!

Nun ist es allerdings so, dass der arme Hund des Nachbarn die Lebensqualität meines Hundes, nennen wir ihn Bello, nicht beeinträchtigt. Bello ist ein glücklicher Hund, und Hasso hat eben Pech. Was uns moralisch ebenso verpflichtet, ist, das Gespräch mit Hassos Frauchen oder Herrchen zu suchen, weil wir ja schließlich nicht wollen, dass der echt goldige Hasso mit seinen großen braunen Kulleraugen weiter so traurig am Zaun steht. Vielleicht hat sein Besitzer Gründe, ihn zu treten. Vielleicht bellt er zu viel. Das macht es nicht weniger verwerflich, aber nur durch Reden kommen wir weiter. Gegenüber wohnt vielleicht ein Hundetrainer. Zusammen mit ihm, bei einem leckeren Bier in der Mittagssonne sitzen wir nun im Garten. Unsere Hunde tollen ausgelassen umher, während im Kopf des Hundehalters langsam die Ideen eures gemeinsamen Nachbarn reifen. Es dauert zwar eine Weile, aber bald lebt auch Hasso gewaltfrei und glücklich, weil sein Halter nun ganz viele Optionen zur Hand hat, wie sein Hund, den er tatsächlich nicht weniger gern hat als ich Bello, weniger bellt, ohne ihn zu treten. Ersetze Hundetrainer durch Staatengemeinschaft, Mittagssonne durch Klimagipfel und Bier durch wirtschaftliche Anreize! 

Ganz nüchtern betrachtet, ist unsere persönliche Verantwortung größer als in China. Immerhin liegt unsere CO2-Emission nach dem Konsumprinzip bei gut 18 Tonnen pro Person und Jahr, und die Chinas bei unter neun. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in Summe tendenziell steigt und China der weltweit größte Emittent ist. Doch wie Kästner schon schrieb: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Und nun: Aus, Hasso, und Platz!

Sonntag, 7. Juli 2019

Umweltvorreiter macht Druck - Die Wetterauer Druckerei in Friedberg-Fauerbach

Umweltvorreiter macht Druck - A. Kugland, U. Welther
Fast unscheinbar schmiegt sich das Gebäude in der Straße "Am Kindergarten" in den Fauerbacher Straßenzug ein. Weiß getüncht erweckt es fast den Eindruck, als wolle es nicht auffallen. Lediglich das grün-blaue Logo weist in völliger Dezenz daraufhin, dass dort ein Gewerbebetrieb versteckt ist. Dabei hätte die Wetterauer Druckerei, von der die Rede ist, allen Grund, in bunten Farben auf sich aufmerksam zu machen. Das Grün im Logo scheint bewusst gewählt, obwohl "Umweltschutz seit Jahrzehnten - nicht erst jetzt" erst künftig als Motto an die Öffentlichkeit geht.

Tatsächlich ist die Druckerei eine alte Friedbergerin. Schon seit über 85 Jahren hat sie ihren Sitz in der Kreisstadt. Zunächst war sie in der Hanauer Straße ansässig. Dann zerstörten Bomber im Zweiten Weltkrieg das Gebäude. Nach einem notbedingten Zwischenspiel in einem Rodheimer Tanzsaal fand die Wetterauer Druckerei ein Jahr später ihre jetzige Heimat im Friedberger Stadtteil Fauerbach.

Das ist eine lange Zeit, in der viele Kunden kommen und gehen, kann man denken. Doch Inhaber Andreas Kugland berichtet stolz, dass seine Druckerei tatsächlich zwei Kunden hat, die 1948 und 1949 die ersten Aufträge vergaben und noch heute vergeben. Kugland spricht von Verlässlichkeit und Redundanzen. Doch er spricht auch von sozialen und ökologischen Faktoren, die ihm sehr viel wichtiger seien als Rendite.

Seit 1976 ist Kugland in der Firma, seit 1998 leitet er sie. Seitdem hat sich viel getan. Der Konkurrenzdruck durch das Internet wird größer. Doch das ist kein Grund für die lokale Druckerei, den Kopf in den Sand zu stecken. Qualität, Nachhaltigkeit, persönlicher Kontakt und Verlässlichkeit sind Faktoren, die den Ausschlag geben.

Sechsstellige Beträge und viel Zeit haben Kugland und seine 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Laufe der Jahre investiert, um ihre nachhaltige Druckerei weiterzuentwickeln. Sie lehnen UV-trocknende Farben konsequent ab.

Deren Inhaltsstoffe sind in Kuglands Augen zu unsicher und die Gefahren für die Umwelt und die Kunden nicht abschätzbar. Stattdessen nutzt die Druckerei hauptsächlich Ökodruckfarben ohne Schwermetalle, die biologisch abbaubar sind. Ihre Papiere sind fast alle mit dem FSC-Label zertifiziert, also aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Jedes Jahr ist dazu ein Audit nötig, um das Zertifikat zu erneuern. Das nimmt Kugland gerne in Kauf. Reines Recyclingpapier sei inzwischen kaum mehr zu erhalten, sagt er.

Die Zeiten waren mal andere. Tatsächlich war die Wetterauer Druckerei Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre deutschlandweit die zweitgrößte Abnehmerin für recycelte Papiere. Auch heute können die Mitarbeiter auf solche Alleinstellungsmerkmale blicken. 2008 war das Friedberger Unternehmen die erste Druckerei in Deutschland, die klimaneutral druckte und sogar klimaneutral Maschinen produzieren ließ.

Diesen Titel hielt sie über zehn Jahre lang. Dabei macht dieser Anspruch nicht bei der reinen Produktion halt. Selbst die Anfahrt der Mitarbeiter zur Arbeitsstätte gleicht Kugland aus. Zur Kompensation unterstützt die Firma heute das WWF-zertifizierte Projekt "Effiziente Kochöfen" in Uganda, vorher waren es Wasserkraftwerke in der Türkei. Dass Gas und Ökostrom lokal von der Ovag bezogen werden, ist für Kugland so selbstverständlich - er hält es kaum für erwähnenswert.

Lokalität ist wichtig. Die kleineren Geräte stammten überwiegend von der König Bürotechnik KG aus Friedberg und auch die meisten Zulieferer kämen aus der Region, sagt Kugland. Dennoch übt sich der Chef in Bescheidenheit. Mit ihrem neuen Slogan traut sich die Wetterauer Druckerei endlich, ein wenig dieser Bescheidenheit abzulegen. Mitarbeiterin Ulrike Welther hält lächelnd das neue Werbebanner in die Höhe. Im Betrieb ist sie für Auftragsannahme und Druckvorstufe zuständig. Wenn ihr Chef abends zu Betriebsschluss nach dem Motto "Vermeiden, Reduzieren, dann erst Kompensieren" das strommessende LED-Display im Produktionsraum darauf prüft, dass es auch wirklich auf Null steht, findet sie das gut. Noch besser sei, dass ihr Chef ihren Arbeitsweg nicht ausgleichen muss. Sie läuft.

Freitag, 5. Juli 2019

Nominiert für den Slam 2019 in Berlin


Als ich zum Highlander des Poetry Slams im kuenstlerhaus43 aufbrach, witzelte ich vorher, dass man bereits mit dem dritten Platz eine Chance auf den Startplatz für den Slam2019 hätte - immerhin waren zwei der großartigen Slammer*Innen im Line-up bereits nominiert. Einer von beiden wurde krank, und ich landete auf Platz 1. Krass! 🤗😀

Nun fahre ich Ende Oktober nach Berlin und darf einen der Slams der Landeshauptstadt bei der deutschsprachigen Meisterschaft vertreten 🤓