Donnerstag, 6. Mai 2021

Nicht alles ist Regen

Nicht alles ist Regen

Als ich diese Kolumne schrieb, schaute ich vor dem ersten Satz aus dem Fenster. Regen, nichts als Regen. Und das an einem Sonntag. Dabei hätte ich so gerne Sonne gehabt. In einem solchen Moment wäre es mir leichtgefallen, ein Thema zu wählen, dass mich in dieser Übellaunigkeit passend zum Wetter hält. Stattdessen schaute ich nach der Sonne. Zwar brauche ich weniger Zeit, etwas über all das, was wir in der Umweltpolitik noch verbessern, in unserem eigenen Verhalten ändern und was unsere Firmen anpassen müssen, um nachhaltig zu sein, zu schreiben, doch Sonnenschein ist so etwas Schönes, Wärmendes, das einen Menschen grundlos lächeln lassen kann. 

Meine Chefin fragt nach unserer wöchentlichen Besprechung immer „Was läuft gut?“ Was also läuft gut? Im letzten Jahr wurden 19,3 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt, hat das Umweltbundesamt im letzten Monat veröffentlicht. Das ist ein Höchststand, über der EU-Zielvorgabe von 18 Prozent, und der Blick in die drei Sektoren Strom, Wärme und Verkehr zeigt, dass es im Kern nur die beiden letztgenannten sind, die sich zwar auch kontinuierlich verbessern, aber eben deutlich geringer im Vergleich zum Stromsektor. Der ist der wahre Gewinner mit einem Rekordanteil von 45,4 Prozent, mehr als doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Das sind doch schon ein paar deutlich wärmende Sonnenstrahlen. Was ist noch gut? Unsere Klimabilanz war im letzten Jahr so gut, dass wir unsere selbst gesetzten Klimaziele 2020 übererfüllen konnten: Statt 40 waren es 40,8 Prozent weniger Emissionen als 1990 und 8,7 Prozent weniger als im Vorjahr. 

Zugegeben, diese Sonnenstrahlen stechen etwas in den Augen, denn die Pandemie mit all ihren noch anhaltenden Begleiterscheinungen war der Hauptverursacher dieser positiven Entwicklung. Doch manchmal hilft es, die Sonne dort zu sehen, wo man sie eigentlich nicht vermutet. In der Umfrage Ernährungsreport 2020 gaben 26 Prozent der Befragten an, täglich Wurst oder Fleisch zu konsumieren. Im ersten Report vor fünf Jahren waren es noch 34 Prozent, berichtet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Auch das ist gut. Für Mensch, Tier und Umwelt. Der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch ist laut der aktuellen Versorgungsbilanz Fleisch im Jahr 2020 auf ein Jahrzehnte-Tief gesunken. Mit 57,3 Kilogramm pro Person war der Konsum so niedrig wie noch nie seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 1989. In der Spitze lag er bei über 90 Kilogramm. Zusätzlich sanken im letzten Jahr sowohl die Im- als auch die Exportzahlen. Der Pro-Kopf-Konsum ist immer noch höher als das, was die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als gesund erachtet und sehr viel mehr als das, was aus klimapolitischer und Tierschutzsicht zu fordern wäre, aber es sind dennoch Sonnenstrahlen. Sie blenden nicht, aber tragen ihren Anteil am Licht. 

Auch Unverpacktläden laufen gut. Sie tragen einen wichtigen Anteil daran, das Einkaufen loser Waren und damit das Sparen von Umverpackungsmüll zu einem Erlebnis, aber vor allem wieder zu einem Standard zu machen. Vor sieben Jahren hatte der erste Laden eröffnet. Das war in Kiel. Noch im selben Jahr folgten weitere. Im Januar zählte das Enorm-Magazin auf seiner Website bereits über 160 deutschlandweit, dazu verschiedene Supermarktketten wie EDEKA und tegut die Unverpacktbereiche in einigen ihrer Filialen testen, und im letzten Jahr eröffnete in Köln der erste Unverpackt-Drogeriemarkt. Es regnet noch immer. Aber nun bei weitem nicht mehr so schlimm.