Sonntag, 23. Januar 2011

Die letzte Fahrt

Leichter Seegang hob und senkte den stolzen Dreimaster.  Sie schloss die Augen und spürte das Rot der Sonne wärmend auf ihren Lidern. Seit sie ein kleines Mädchen war, träumte sie davon, zur See zu fahren. Freilich waren ihre Fantasien zu diesem Zeitpunkt noch von Seeräuberidylle erfüllt, doch ließ auch die mit jedem ihrer Lebensjahre klarer werdende Wirklichkeit eines Dienstes auf See ihren Wunsch nur weiter reifen. Als sie dann in das nötige Alter gekommen war, bewarb sie sich bei der Marine. Gerne erinnerte sie sich zurück, wie sie empfand, als sie die Tests bestanden hatte und den Einberufungsbescheid in den Händen hielt. Sie fühlte sich neu geboren. Neu geboren zur See.

Freitag, 14. Januar 2011

A new Sheriff in town

Halb sieben in der Früh. Frank hatte heute seinen ersten Tag auf der neuen Dienststelle. Endlich auf einem richtigen Revier. Mit seinem geschulterten Seesack, breitbeinig vor dem Eingang stehend,  nickend, mit stolz geschwellter Brust, inspizierte der die Front des Polizeigebäudes. Er kniff die Lippen zusammen und dachte an die trockene Ausbildung auf der Polizeiakademie und die neun Monaten in der Bereitschaftspolizei, die er fast nur Karten spielend in der Reserve verbracht hatte. Er war einfach nur heiß darauf, endlich ein richtiger Polizist zu sein. Frank atmete tief durch und schritt mit leuchtenden Augen in die Sicherheitsschleuse. Er hielt dem Wachhabenden seinen scheckkartenförmigen Dienstausweise vor und sagte: „Morgen! Frank Kraft! Ich bin der Neue.“

Donnerstag, 13. Januar 2011

Abschiedsworte

Lange Zeit, - du mein Begleiter,
wichst du nicht von meiner Seit'.
Wie geht mein Leben jetzt bloß weiter?
Wie verleb' ich meine Zeit?

Sonntag, 9. Januar 2011

Bügeln

Sonntagabend. Viertel vor acht. Schlechte Stimmung. Michael hasst es, seine Freizeit mit Hausarbeit zu verschwenden, und besonders hasst er das Bügeln. Es ist so aufwändig. Erst muss er das Bügelbrett aus dem Keller holen. Das Bügelbrett, das nur deshalb im Keller ist, weil es in der kleinen Wohnung keinen Platz findet. Das Bügelbrett, das sechs Stockwerke unter ihm ist, weil seine Freundin ihn unbedingt zu einer Dachgeschosswohnung überreden musste. Seine Freundin, die das Bügeln noch mehr hasst. Und es deshalb ihm überlässt. Michael hasst das Bügelbrett.

Dienstag, 4. Januar 2011

Der zornige Seestern

Astrid war wirklich sehr zornig. So hatte sie es sich nicht vorgestellt. An ein Leben voller Abenteuer hatte sie geglaubt, wenn es erst einmal so weit wäre. An ein Ende des faulen Rumliegens auf dem Aquarienboden. Nun hing sie hier auch nur rum. Und ihre neuen Spielkameraden waren die langweiligsten der Welt.