Dienstag, 27. Oktober 2015

Glanzlichter #4: "Und warum isst du Pflanzen? Die haben doch auch Gefühle!"

„Ach, du lebst vegan?“ – Glanzlichter der Reaktionen auf pflanzliche Ernährung

#4: "Und warum isst du Pflanzen? Die haben doch auch Gefühle!"

Okay, jetzt wird es anstrengend, dachte ich mir. Zwar hatte ich das Thema "Meine Gründe für vegane Ernährung" beim Essen nicht einmal angesprochen. Es wurde mir einfach beim Seitenblick auf meinen Teller als Beilage aufgedrängt. Mein Tischnachbar, mit dem ich mich bis zu diesem Moment noch gar nicht unterhalten hatte, unterfüttert sein vermeintliches Argument gegen vegane Ernährung wie folgt: Schließlich gäbe es Pflanzen, die bei Waldbränden Stoffe abgäben, mit denen sie andere Pflanzen warnten, die dann auf die Warnung reagierten und sich vor dem Feuer schützten. Ich erwiderte, dass es etwas viel hineininterpretiert wäre, diesen Vorgang als Empathie und Sozialverhalten unter Pflanzen zu interpretieren. Schließlich sei es wahrscheinlicher, dass die von der Pflanze ausgestoßenen Stoffe, den Pflanzen, die darauf zu reagieren in der Lage waren, schlicht einen evolutionären Vorteil verschafften, und dass es durchaus unwillkürliche Gründe geben mag, weshalb eine Pflanze bei Temperaturänderungen Stoffe ausscheiden könnte. Daraufhin erfolgte unmittelbar der emotionale Ausbruch: Ich könne so nicht argumentieren und ich würde unsachlich und ganz willkürlich entscheiden, welches Lebewesen fühle und daher nicht gegessen werden dürfe. 
Manchmal überrascht es mich, zu welchen Gefühlsausbrüchen die pure Anwesenheit eines Veganers führen kann. Nur manchmal allerdings!

Lieber Tischnachbar, weder habe ich behauptet, die Entscheidungsinstanz zu sein, welche Lebewesen gegessen werden dürfen und welche nicht. Ich habe lediglich für mich entschieden, dass kein Tier für meine Ernährung sterben muss. Zweitens habe ich weder dich noch dein Putenschnitzel angegriffen, und drittens hatte ich meinen Mund eigentlich nur aufgemacht, um den nächsten leblosen Brokkolo mit meinen Zähnen zu zermalen. Es kommt mir ein wenig so vor, als hättest du einen ewig alten Veganer-Bekämpfungs-Diskussionsfaden aus dem Internet in deinem Gehirn aktiviert und ihn zu einem Präventivschlag instrumentalisiert. Man weiß ja nie, wann der Veganer mit der moralischen Keule ausholt. Besser gleich drauf!

Ja, es gibt Studien, die sich mit Reaktionen und Interaktionen von Pflanzen befassen. Sie haben vor allem eins gemein:   1)  In den seriösen Studien ist keine Rede von Gefühlen 2) In den Medien, die über diese Studien berichten, wird ausdrücklich von Pflanzengefühlen geschrieben und die Head-Lines lauten: "Schock-Nachricht für Veganer!", "Veganer aufgepasst: Pflanzen wollen nicht gefressen werden!" bis hin zu "Bäume und Gemüse leben in Todesangst!". "Pflanze produziert Abwehrstoff gegen Raupen" ist vermutlich auch nicht polarisierend genug, um Auflage zu schaffen.

Ja, es gibt Pflanzen, die, sobald sie angeknabbert werden, Abwehrsubstanzen produzieren. Bei manchen Bäumen führt die Produktion der chemischen Substanz sogar dazu, dass andere Bäume den Stoff ebenfalls zu produzieren beginnen. Es gibt Pflanzen, die sich zusammenfalten, als seien sie welk, sobald sie berührt werden. Es gibt Pflanzen, die ihren Nährstoffgehalt herabsetzen, sodass Fressfeinde nicht satt werden und von ihnen ablassen. Pflanzen haben viele Mechanismen entwickelt, die ihr Überleben sichern. Aber es sind Mechanismen und nicht Zeugnisse von Bewusstsein. Mechanismen, die sich durchgesetzt haben, weil sie diesen Pflanzen einen evolutionären Vorteil gegenüber jenen Pflanzen verschafften, die sich nicht auf diese Weise vor Fressfeinden schützen konnten. Es ist kein Ausdruck von Bewusstsein und auch kein Gefühl, denn zu einem Bewusstsein gehört die Macht der freien Entscheidung. Die Pflanze wird immer mit Abwehrsubstanzen reagieren, sich immer zusammenfalten und immer ihren Nährstoffgehalt herabsetzen, wenn der Fressfeind da ist. Ein Bewusstsein wäre zu anderen Entscheidungen in der Lage: „Oh, das ist ja nur ein kleiner Käfer, den lasse ich jetzt mal knabbern“ oder „Hey, wieder diese widerliche Raupe von gestern. Die kriegt jetzt mal die doppelte Menge Abwehrstoffe ab. Dann weiß sie, was sie davon hat!“.

Aber … selbst wenn Pflanzen genau wie Tiere ein Bewusstsein hätten, fühlten und ganz tolle grüne Kumpels sein könnten, wenn wir nur miteinander zu kommunizieren in der Lage wären, wäre dieser Umstand doch kein Grund für mich Tiere, deren Bewusstsein, Gefühle und Kumpeldasein ich dahingegen wahrnehmen kann, wieder zu essen zu beginnen.
„Ha, ha, Veganer, Pflanzen können fühlen! Ihr müsst jetzt wieder Tiere essen, weil eure ganze Argumentation nun im Eimer ist!“
Eben nicht! Wenn ich die Wahl habe, verschmähe ich doch lieber die Lebewesens, deren Fühlen ich emphatisch registrieren kann. Das kann ich bei einer Pflanze nicht. Die Gefühle von Schweinen im Schlachthof kann ich ebenso wahrnehmen wie die von Tieren in engen Käfigen. Aber vielleicht lassen sich Chicken Nuggets vom Aldi einfach mit mehr Genuss essen, wenn man sich sicher glaubt, dass auch Pflanzen fühlen. Nun, dann: Buon appetito!

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Einfache Chili-Pasta-Soße an Vollkorn-Spirelli

Bio-Vollkorn-Spirelli mit Chili-Soße,
garniert mit Ölsaaten und Sprossen
Manchmal reichen wenige Zutaten. Wenn es dann auch noch einfach zuzubereiten ist, sind alle (veganen) Spatzen gefangen (bitte gleich wieder frei lassen). Am Wochenende habe ich die letzte Ernte Chilis aus dem Garten eingeholt: Ein großer Topf voll dunkelroter, milder Früchte. Mein Plan war, ein Drittel zu pürieren und die andere Hälfte in der Pfanne anzubraten, damit meine Pasta-Soße etwas mehr Biss und Aromen enthält. Als ich die erste Chili aufgeschnitten hatte, entschied ich mich spontan die Kerne vorher zu entfernen. Dadurch wurde meine einfache Pasta-Soße zu einer einfachen, aber etwas langwierig zuzubereitenden Soße. Die gewürfelten Chilis habe ich zusammen mit gewürfelten Zwiebeln und gehacktem Knoblauch leicht angebrachten und dann mit dem Chilipüree, das ich mit einer Tasse Wasser im Mixer pürieren ließ, abgelöscht. Zusammen mit 2 TL Salz ließ ich die Soße für gut zwei Stunden auf ein Drittel des ursprünglichen Volumens reduzieren. Am Ende des Kochvorgangs würzte ich es mit frischem Pfeffer aus der Mühle. Drauf auf die Nudeln, und das Leben ist schön. Die Chilikerne habe ich übrigens gemahlen und als Pulver bereitgestellt. Wer will, der kann der milden, leicht pikanten Soße die Höllenglut wieder zurück bringen.

Zutaten
600 g Chilischoten, mild
3 kleine Zwiebeln, gewürfelt
6 Knoblauchzehen, gehackt
2 TL Salz
Pfeffer aus der Mühle

Zubereitung
- Chilis entkernen
- Ein Drittel klein würfeln
- Zwei Drittel mit einer Tasse Wasser pürieren
- Chiliwürfel zusammen mit Zwiebeln und Knoblauch anbraten
- Mit Chilipüree ablöschen
- Zusammen mit Salz bei niedriger Temperatur auf ein Drittel reduzieren lassen
- Mit Pfeffer abschmecken


Satte Ernte im Entkernungsprozess

Zwiebeln, Chilis und Knobi kurz vor dem heißen Ölbad

Finis - hält sich gut fünf Tage im Kühlschrank


Mittwoch, 7. Oktober 2015

Zweiundvierzigster Schritt: Meister Soda und die Natron-Armee

Frosch trifft plastikarmen Pseudo-Frosch
Von meinen ersten Erfolgen beim Basteln meines Badezimmerreinigers beflügelt, habe ich mich nun ein zweites Mal an die Herstellung eines Handgeschirrspülmittels gemacht. Der erste Versuch war zwar gut gegangen, aber das Seife-Raspeln war etwas nervig, zumal es Glas auch etwas stumpf aussehen ließ. Ich fand ein Rezept mit Natron, das anstelle der Seife Waschsoda vorsieht. Dazu ein paar Tropfen Orangenöl und fertig ist das Spülmittel. Das Ergebnis steht dem ersten in nichts nach, der Weg hin zum Ergebnis ist jedoch ein anderer. Ich brauche deutlich mehr als ein paar Spritzer des Selbstgebastelten. Die aufbewahrte Frosch-Flasche von 750 ml reicht für gut fünf Waschgänge. Am Anfang war es etwas merkwürdig, da es keinen Schaum bildet. Das Merkwürdige ist allerdings nicht der fehlende Schaum, sondern das ich dann sehe, was alles in meinem Spülwasser rumschwimmt. Ich muss den Kopf ausschalten, der mir sagt: Du kannst in so einer Brühe doch nichts sauber bekommen. Doch die gespülten Teller quietschen beim Spülen. Muss wohl wirken. Und es ist ja auch nicht so, dass der Schaum gekaufter Handspülmittel ein Wurmloch bilden und die Drecksbrühe in All schleusen würde. Durch’s Augenschließen kann ich ja auch nicht machen, dass plötzlich Nacht ist. Die Drecksbrühe ist da, wo sie bei meinem Selbstgemachten auch ist, nur halt nicht vom Schaum versteckt. Das einzige, was ich in der Anwendung geändert habe, ist, dass ich die dreckigsten Sachen vorher mit klarem Wasser vom gröbsten Schmutz befreie, bevor ich heißes Wasser mit meinem Selbstgemachten versehe. Ich spüle auch heißer als zuvor, gut 50 Grad, da ich denke, dass die fettigen Verschmutzungen sich so besser lösen. Ich weiß nicht, ob beides tatsächlich nötig ist, habe aber den Eindruck, dass es besser hilft als zuvor ohne. Wer weiß, vielleicht ist es auch nur der Kopf, der sich den Schaum zurückwünscht. Jedenfalls bleibe ich dabei. Natron und Waschsoda gibt es beide plastikfrei (obwohl ich beim Waschsoda nicht sicher bin, ob die Verpackung nicht beschichtet sein könnte). Das Orangen-Öl hatte zwar einen Plastikdeckel, aber es ist ein Schritt nach vorne. Vielleicht finde ich ja noch ein ätherisches Öl mit Metalldeckel.

Plastik sähe im Heu blöd aus (Quelle: Wikipedia)
Tegut hat mir inzwischen auch geantwortet. Ich hatte gefragt, aus welchem Material die Behältnisse bestehen, die sie unter dem Namen „MeiBox“ für den Einkauf loser Eier in den Märkten anbieten, und ob eine Bioplastik-Alternative angedacht sei. Die Mehrweg-Eierboxen bestehen aktuell aus Polypropylen, schreibt der Kundenservice und weiter, dass die Herstellung der Box aus nachwachsenden Rohstoffen in Betracht gezogen wurde, jedoch aus Gründen der Hitzebeständigkeit und Dauerhaltbarkeit abgelehnt. Hmmmm! Hitzebeständigkeit? Ist Hitzebeständigkeit eine elementare Produkteigenschaft für den Transport von Eiern? Vielleicht habe ich überlesen, dass es eine Transportbox für gekochte Eier, direkt aus dem Topf, ist. Ein kurzer Blick ins Internet zeigt mir, dass es Bio-Plastik bis 80° Grad hitzebeständig und sogar bis 200° hitzebeständig gibt. Zumindest das Erstgenannte ist auch zu 100% biologisch abbaubar. Und was die Haltbarkeit angelangt, nun, genau das ist ja das Problem. Erdölbasiertes Plastik braucht ein paar hundert Jahre, bis es verrottet ist. Oppa plant nicht, seine „Meibox“ von Generation zu Generation weiterzugeben. „Mein Sohn, hier bewahrte schon mein Urgroßvater seine Eier auf!“, klingt auch etwas roh! Bio-Plastik ist nicht weniger belastbar und dauerhaft wie seine Erdöl-Konkurrenten. Ich habe das Gefühl, hier spielt eher der Preis eine Rolle, insofern scheint die Antwort aus der Schublade des Call-Centers, aber nicht aus dem Wahrheitszentrum im Gehirn gekommen zu sein
Weiter fragte ich, was gegen die Wiederverwendung der Pappboxen spräche. Hierauf antwortete der Kundenservice, dass eine mehrmalige Benutzung der Papp-Eierboxen aus hygienischen Gründen abzulehnen sei, auch im Hinblick auf die Übertragung von Keimen. Ja, hier sind sie wieder die EU-Verordnungen, die uns das Leben so sehr erleichtern. Tatsächlich verbietet die EU Gewerbetreibenden, Pappbehältnisse mehrfach zu benutzen. Etwas das auf dem Dorf, in dem ich aufwuchs, der Standard war. Wurde ich als kleiner Steppke zum Bauern geschickt, hatte ich eine 10er-Papp-Eierbox im Beutel, den ich gefüllt immer und immer wieder vom Bauern nachhause trug. Danach aßen wir die Eier sogar. Trotz der Keime, die auf den Schalen waren. Schalen? Ach ja, die Eier sind ja von Natur aus verpackt gewesen. Es konnten ja auch schon damals keine Keime in den vom Ei verzehrbaren Bestandteil geraten. Die Sorge vor Keimen wird meines Erachtens eingedenk des Weges, den Hühnereier an’s Licht der Welt nehmen, ein wenig konterkariert. Das Kloakentier entlädt seinen unbefruchteten potentiellen Nachwuchs über den gleichen Ausgang wie dessen Notdurft in die keimfreie, hitzebeständige und dauerhaltbare Plastikbox. Da stimmt doch was nicht? Die gute Nachricht: Die EU kann tegut zwar vorschreiben, die Pappboxen nicht mehrfach zu versenden, aber nicht dem Verbraucher. Der Kunde darf das! Also macht das. Wer gibt Geld für etwas aus, das kostenlos zu bekommen ist? Ei, Ei, Ei …