Sonntag, 24. Februar 2019

13 wertvolle Tipps, um deinen Energieverbrauch zu senken


1. LED-Lampen nutzen

Eine Deckenlampe ist gerade kaputtgegangen? Dann tausche sie doch gegen eine LED-Lampe. Diese Lampen sind langlebig und verbrauchen nur 10-15% der Energie einer Glühlampe. Eine Glühlampe würdest du zwar ohnehin nicht mehr kaufen können, da sie in der Regel die aktuellen EU-Anforderungen an die Energieeffizienz nicht erfüllen können, aber einerseits befinden sich in den meisten Haushalten noch welche in Benutzung und andererseits verbrauchen LED-Lampen auch weniger als Energiesparlampen, die stattdessen zu haben sind, und sind zudem mit weniger Schadstoffen versehen (Sondermüll). Ist es eine Milchmädchen-/Milchbübchen-Rechnung, intakte Glühlampen gegen LED zu tauschen? Rein wirtschaftlich gesehen nicht. Rechnerisch amortisiert sich der Ersatz binnen sechs Wochen – ausgehend vom Ersatz einer 60 Watt-Glühlampe durch eine 9-Watt-LED-Lampe bei 3 Stunden täglicher Nutzungsdauer und einem Ökostrompreis von 29 Cent pro Kilowattstunde. Da ich davon ausgehe, dass die Energieaufwendung für die Produktion mit dem Kaufpreis von angenommenen 1,60 Euro für die LED-Lampe mehr als abgegolten sind, könnte sich der Ersatz ökologisch bereits früher zu rechnen beginnen.

2. Beleuchtung überdenken

Als ich in meine Wohnung einzog, fand ich im Wohnzimmer eine glühlampenbeleuchtete Zehn-Arm-Deckenlampe mit drei intakten und sieben defekten Glühlampen. Dreimal 60 Watt-Leuchtleistung der Glühbirnen empfand ich als grundsätzlich ausreichend, jedoch zu wenig, um im Wohnzimmer beispielsweise Brettspiele zu spielen. Ich habe vier der defekten Lampen durch LED-Lampen ersetzt, die mein Wohnzimmer nun grundbeleuchten. Habe ich Gäste, die ich deutlicher sehen möchte, drehe ich die drei intakten Glühlampen eine halbe Gewindedrehung und lasse sie zusätzlich leuchten (die Lampen, nicht die Gäste). Auch sie zu ersetzen (dto.), fand ich nicht sinnvoll, so selten wie ich sie nutze. Die restlichen drei Lampenfassungen habe ich leer gelassen – sie würden den Raum stärker beleuchten als nötig. Hast du auch solche Lampen? Dann mach doch mal den Test. Vielleicht kannst du auch welche einsparen.

3. Wasser im Wasserkocher erhitzen

Du willst Teewasser aufsetzen oder Nudeln kochen? Dann bring das Wasser am besten mit dem Wasserkocher auf den Siedepunkt. Die Wärmeverluste sind im Vergleich zur Nutzung auf herkömmlichen Kochplatten geringer und du sparst Energie. Moderne Cerankochfelder sind oftmals und Induktionskochplatten grundsätzlich mindestens gleichauf mit dem Wasserkocher. Es ist also nicht grundsätzlich die bessere Methode.

4. Den Backofen nicht grundsätzlich vorheizen

Der Grund, den Backofen vorzuheizen, ist primär der folgende: Das Herstellen vergleichbarer Backzeiten. Wenn du einen Kuchen, der eine halbe Stunde bei 200 Grad Celsius gebacken werden soll, ohne vorzuheizen in den Ofen stellst, ist es stark davon abhängig, wie schnell dein Ofen auf die nötige Temperatur hochheizt, wie lange er gebacken werden muss. Stellst du den Kuchen erst bei Erreichen der Backtemperatur rein, ist die Backzeit bei allen Öfen, unabhängig von der Dauer des Vorheizens, gleich. Ein weiterer Grund des Vorheizens ist, dass die hohe Anfangstemperatur dazu führt, dass der Kuchen schneller eine Kruste bildet, der ein Austrocknen verhindert. Was kannst du tun? Zum einen nach der Optik gehen. Besonders Lebensmittel, die auch roh verzehrbar sind und nur gratiniert werden, und flache Gerichte wie Pizze, zeigen bereits äußerlich, ob sie verzehrbereit sind. Ist der Teig goldbraun? Wirft der Käse Blasen? Buon appetito!
Kuchen oder andere volumige Gargüter können äußerlich verzehrfertig erscheinen, von innen aber noch lange nicht gar sein. Hier kann bei Kuchen der Holzstäbchentest (ist nach dem Herausziehen noch Teig daran, braucht der Kuchen noch), bei Brot der Klopftest (klingt es hohl, ist es durchgebacken) und bei Fleisch ein Thermometer (entsprechende Kerntemperatur muss erreicht sein) helfen. Gegen das Austrocknen hilft, eine Schale mit Wasser auf den Ofenboden zu stellen  – die höhere Luftfeuchtigkeit im Ofen vermindert dann das Verdunsten von Flüssigkeit aus dem Gargut. Du siehst: Vorheizen ist sinnvoll, aber nicht nötig.

5. Herdplatte und Ofen schon vor Ende der Garzeit ausschalten

Wenn es kein Gaskocher mit Kupfertopf oder eine Induktionskochplatte ist, dann speichern Topf und Kochplatte ebenso wie der Ofen genug Energie, um schon einige Minuten vor Ende der Garzeit ausgeschaltet werden zu können. Nudeln koche ich beispielsweise nahezu ohne Energie aus der Herdplatte. Ich koche das Wasser mit dem Wasserkocher auf, gebe es zusammen mit den Nudeln und Salz in den Topf, lasse es nochmals aufkochen und schalte dann die Herdplatte aus. Mit geschlossenem Deckel werden die Nudeln kaum weniger schnell gar, als wenn ich die Platte bei niedriger Temperatur weiter beheizen würde.

6. Alle Verbraucher an schaltbare Steckerleisten

Nicht alle elektrischen Verbraucher ziehen Bereitschaftsstrom, wenn sie nicht angeschaltet sind. Am besten testest du mit einem Energiemessgerät für die Steckdose, bei welchen Geräten es sich lohnt. Oft erwartet man es gar nicht. Offensichtlich ist es bei Geräten, die auch außerhalb des Betriebs eine LED-Anzeige haben. Moderne Herde und Waschmaschinen haben oft ein verstecktes Standby und ziehen auch ohne Nutzung Strom. Das können 500 und mehr Kilowattstunden pro Jahr sein – solche Steckerleisten zu kaufen, hat sich dann schon nach ein oder zwei Monaten amortisiert.

7. Ausschalten, was nicht genutzt wird

Hast du einen WLAN-Router? Zu welchen Zeiten nutzt du ihn? In welchem Zustand ist er, wenn du ihn nicht nutzt? Gut 100 Kilowattstunden pro Jahr können allein durch den Standby-Betrieb des Routers zustande kommen. Moderne Router haben eine Zeitschaltung, um sie automatisch nachts oder sogar zu selbst definierten Zeiten auszuschalten. Meiner hat das leider nicht. Ich habe ihn ebenfalls an einer solchen Steckerleiste, mitsamt meinem Laptop und meiner PC-Peripheriegeräte, und schalte ihn aus, wenn ich nicht im Haus bin und zur Nachtzeit. Für wen sollte er auch nachts laufen? Damit das Sandmännchen nach Schichtende noch Youtube bei mir schauen kann?

8. Mobiltelefon in der Nacht drosseln

Das Smartphone selbst verbraucht nicht wirklich viel Energie. Der Ladestrom eines Smartphones, das täglich eine Stunde geladen werden muss, liegt bei ca. 7 kw/h pro Jahr. Hinzu kommt allerdings der Strom, der von den Rechenzentren aufgewandt werden muss, um alle die Apps am Laufen zu halten, die du und ich im Schnitt parallel laufen haben. Ich schalte deshalb nicht genutzte Apps mit Greenify tagsüber aus, und nachts kappe ich die Mobiledatenverbindung, wenn ich telefonisch erreichbar bleiben muss, oder gehe in den Flugmodus.

9. Unterhaltungselektronik überdenken

Wenn ich mich an meinen ehemaligen Bestand an Unterhaltungselektronik denke, frage ich mich manchmal, was mich geritten haben mag, so viel Geld für so viele Geräte auszugeben, die teils sogar die selbe Funktion erfüllen. Ich hatte ein Internetradio im Bad, ein Radio am Bett, eins in der Küche, die Stereoanlage im Wohnzimmer, dazu den Fernseher mit Dolby-Surround-Anlage und Blue-Ray-Player und ein kleineres Pendant noch im Schlafzimmer. Alle zwei Jahre hatte ich mir einen neuen PC gekauft, und ein Laptop hatte ich zusätzlich - später durfte natürlich das Tablet nicht fehlen. Was hatte das alles an Strom gefressen, und was gab ich nicht alles aus, um all das regelmäßig auf den neusten Stand zu bringen.
Heute reduziert sich meine Unterhaltungselektronik auf mein Smartphone, eine Bluetooth-Box, die ich in Küche und Bad - und selbst zum Training im Freien - mitnehmen kann, und einen Bluetooth-Empfänger an meiner Surroundanlage. Darüber höre ich die Musik meiner digitalisierten CDs und streame ab und an Neues aus dem Internet.
Auch der Fernseher und der Desktop-PC sind weg. Wenn ich Lust habe, etwas zu schauen, reicht mir der Laptop. Den Ton lasse ich über Bluetooth laufen. Das macht selbst Kinofilme opulent, und die Bilder macht ohnehin das Gehirn groß. Godzilla ist schließlich selbst auf einem 65-Zoll-Fernseher kleiner als Frodo Beutlin in natura ;-)

10. Duschen mit der Navy-Methode

Die gute alte Navy-Methode spart Wasser, aber vor allem auch Energie. Wie funktioniert das? Wasser an, rasch benetzen, dann Wasser aus, einseifen und schließlich nur noch zügig die Seife ausspülen. Das ist der erste sportliche Akt des Tages. Bin ich heute schneller als gestern? Unterschreite ich die zwei Minuten heute?
Ein sparsamer Duschkopf verbraucht ca. sechs Liter Wasser pro Minute. Ein üblicher Duschgang von zehn Minuten verbraucht nicht nur 60 Liter Wasser, sondern auch gut 56 Cent an Energie (bei 29 Ct pro kw/h Ökostrom). Das sind bei täglicher Dusche über 200 Euro im Jahr und fast 22.000 Liter Trinkwasser.
Ich dusche nur noch drei Mal pro Woche. Das sind weniger als 2.000 Liter Wasser, aber vor allem auch nur noch ein Zwölftel der Energie.
Wenn du noch mehr Energie sparen und dich abhärten willst, kannst du zusätzlich kalt duschen. Ich gebe die 15 Euro pro Jahr allerdings recht gerne aus.

11. Brauchst du einen Gefrier- oder gar einen Kühlschrank?

Als ich im Jahr 2016 in meine Singlewohnung gezogen war, musste ich recht schnell feststellen, dass die drei Fächer meines Kühlschrankes vor allem Luft kühlten. Luft, die bei jedem Öffnen herausgezogen, durch die warme Luft aus der Küche ausgetauscht wurde und erneut gekühlt werden musste. Das machte meinen Kühlschrank zu einem echten Energiefresser. Zunächst hatte ich mir damit beholfen, dass ich Wasserflaschen in die leeren Fächer gelegt hatte. So wurde weniger Luft beim Öffnen getauscht, zudem mehr Kühle durch das Wasser konserviert und der Verbrauch reduzierte sich merklich. Es blieb jedoch der fahle Beigeschmack, dass ich einen Kühlschrank betrieb, der rund um die Uhr lief, um drei Gläschen Brotaufstrich, etwas Essen vom Vortag und Gemüse zu kühlen.
Nach kurzer Zeit hatte ich mich entschlossen, es ohne Kühlschrank zu probieren. Mein Gemüse begann ich außerhalb im Obstkorb zu lagern, für das Wurzelgemüse baute ich mir mit zwei Tongefäßen ein eigenes Aufbewahrungsbehältnis, den Aufstrich reduzierte ich von drei Gläsern auf eines, um ihn innerhalb von drei Tagen ungekühlt verzehren zu können und Essen vom Vortag begann ich durch Einwecken haltbar zu machen.
Bis heute kann ich an einer Hand abzählen, wie viel ich wegwerfen musste. Es klappt wunderbar ohne und reduziert den Haushalt um einen der größten Verbraucher.
Den Tiefkühler habe ich ebenfalls eingespart - schließlich ist der nächste Supermarkt mit Tiefkühltruhe nur 20 Meter entfernt.
Natürlich wird es um so schwerer, ohne Kühlschrank zu leben, je mehr kühlpflichtige Lebensmittel du in deiner Ernährung hast. Fleisch, Fisch, Geflügel, Milchprodukte können aber auch für den Ein-Tages-Bedarf gerecht eingekauft und sofort verzehrt werden. Veganer haben da deutlich weniger Aufwand ;-)

12. Desktop-PC, Laptop, Netbook oder Tablet

Unter Punkt neun kam es schon kurz zur Sprache: Was macht man mit all den Geräten, die im Grunde dieselbe Arbeit verrichten sollen und sich nur durch die Form für bestimmte Nutzungsarten und -orte unterscheiden? Ich hatte mich vor eineinhalb Jahren entschieden, den Desktop-PC probeweise auszuschalten und nur noch das Netbook zu nutzen, das ich mir zugelegt hatte, als mein Laptop den Geist aufgegeben hatte (nach acht Jahren war der Akku nicht mehr zu gebrauchen und kein neuer mehr zu bekommen). Rasch musste ich feststellen, dass es für meine Zwecke absolut ausreichend war: Schreiben und ein paar Excel-Tabellen führen geht auf jedem Device flüssig. Als Netbook hatte ich mir ein Kombingerät geholt, das Tablet und Netbook in einem war. Den Touchscreen-Bildschirm hatte ich in der Zeit höchstens einmal genutzt, und leider war die Magnetverbindung zwischen Tastatur und Bildschirm auch die Schwachstelle. Jüngst musste ich mir dann leider ein neues Gerät zulegen. Ich hatte mich entschieden, ein überholtes Gebrauchtgerät über refurbed.de zu kaufen. Ein etwas größeres Display erleichtert das Arbeiten, und als Business-Gerät ist es ein echtes Arbeitstier.
Und das Schönste: Neben dem Vorteil, überall arbeiten zu können, von "in der Bahn" bis zu "vor dem Guinness in der Kneipe", spart ein Laptop im Vergleich noch bis zu 70 % an Energie.

13. Ökostrom sich locker leisten

Und wenn du es nach den ersten zwölf Tipps geschafft hast, deinen Strom zu reduzieren, kannst du locker auf den etwas teureren Ökostrom umsteigen. Umgekehrt würde ich es nicht machen, denn entweder musst du dich dann finanziell einschränken oder du gerätst in die Mühlen des Rebound-Effektes und beginnst, mehr Strom zu verbrauchen, weil dein Verstand dir suggeriert, mit Ökostrom wäre mehr zu verbrauchen nicht so schlimm. Das ist es jedoch! Derzeit haben wir gut 30.000 Windkraftwerke. Um aus Kohle- und Atomstrom auszusteigen, müssten wir deren Anzahl verdreifachen. Mit Ökologie hätte das nichts mehr zu tun. Nach aktuellem Stand der Technik gibt es keine umweltverträgliche Zukunftsvision ohne Einschränkung im Energieverbrauch.

Ich bin inzwischen auf weniger als einem Viertel dessen, was in der Regel als durchschnittlicher Verbrauch eines Ein-Personen-Haushaltes angenommen wird (ca. 1.400 kw/h), und glaubt mir, mein Leben hat in den letzten fünf Jahren nicht merklich an Komfort verloren, und weniger lebenszufrieden bin ich auch nicht - eher das Gegenteil!
Anbieter findet ihr zum Beispiel auf der Seite https://www.oekostrom-anbieter.info/


Ich hoffe, du konntest dir ein paar Ideen herausziehen. Vieles funktioniert sich auch in Mehrpersonenhaushalten. Probier es einfach aus, wenn du magst. Wenn du Lust hast, schau auch in meine 13 Tipps, um Verpackungsmüll zu sparen! rein.

Dienstag, 19. Februar 2019

Valentinstag oder wie verbringe ich den Tag der Verliebten am nachhaltigsten?


Letzte Woche war das Fest der Verliebten wieder angesagt: Der Valentinstag. Von den einen verschmäht als Konsumtrick der Floristik- und Süßwarenindustrie, von den Verschmähten ersehnt als einzige Chance endlich mal etwas geschenkt zu bekommen, denn seien wir ehrlich: Der Spruch „Ich brauche keinen speziellen Tag, um meine Liebe zu zeigen. Ich kann jeden Tag etwas schenken!“ ist die Ausrede derer, die auch an diesem Tag wie an den anderen 364 verfahren und nichts schenken. 800 Tonnen Rosen ließ allein die Lufthansa für den letztjährigen Valentinstag einfliegen. Wer Rosen im Februar schenkt, schenkt Klimawandel mit. Doch was will man sonst an Blumen schenken? Selbst für das heimische Schneeglöckchen ist der 14. Februar noch zu früh. Und die Rose ist schließlich die Blume, die wie keine andere mit Liebe assoziiert ist. Es ist ja nicht die Schuld der Rose, dass die Valentins dieser Welt, just im Februar ihr Märtyrertum begehen mussten. Gibt es denn überhaupt sinnvolle Alternativen zum Einfliegen? Holländische Treibhausrosen dürften eine kaum bessere, wahrscheinlich sogar schlechtere CO2-Bilanz im Vergleich zu den kenianischen Flugrosen haben. 

Also doch lieber Süßigkeiten zum Valentinstag? Die Sachsen haben uns das vorgemacht. Pünktlich zum Valentinstag meldete deren Statistisches Landesamt, dass von Jahr zu Jahr immer weniger Blumen in den Freistaat importiert werden. Stattdessen steigen die Absatzzahlen für ausländische Schokolade an. Doch Moment! Rund 70% des verarbeiteten Kakaos kommt heute aus Westafrika, lese ich auf einer anderen Seite. Ob ich nun Rosen aus Ostafrika oder Kakao aus Westafrika verschenke, wird dem Klima vermutlich gleichgültig sein. Himmel, warum ist es nur so schwer, seine Liebe zu zeigen? Mancherorts, wie in Italien, werden Schlösser verschenkt, die die intakte und dauerhafte Liebe symbolisieren sollen. Ich möchte gar nicht ausrechnen, was es an CO2-Äquivalenden mit sich bringt, all dieses Eisenerz zu verhütten und in Schlossformen zu bringen. Ursprünglich waren handgeschriebene Liebesgeständnisse und Gedichte das Mittel der Wahl, aber ist das in Anbetracht der hohen Wasserverbräuche bei der Papierherstellung heute noch zeitgemäß? Sollte ich ihr einfach eine Grußkarte über das Internet senden? Doch was ist mit den immensen Energieverbräuchen der Grußkartenserver dieser Welt. Wie stelle ich sicher, dass das Internetunternehmen zumindest Ökostrom bezieht? 

Beim Frühstück sinnierten meine Partnerin und ich darüber, wie wir einen möglichst nachhaltigen Valentinstag verbringen könnten. Während ich meine mit Himalaya-Salz gewürzte Avocado löffelte, kam mir die Idee. „Schatz!“, rief ich, und ihr Löffel verharrte regungslos in ihrem Chia-Feigen-Müsli. „Lass uns einander einfach Zeit schenken!“ Meine Partnerin und ich hatten dann den nachhaltigsten Valentinstag, den man haben kann. Wir planten einen Tag in der Therme in trauter Zweisamkeit verbringen. Abends wollten wir zusammen essen gehen. So richtig romantisch mit Kerzenschein und weißer Tischdecke. Rechtzeitig bekam ich die Grippe, so dass jeder von uns den Tag alleine für sich zuhause verbrachte. Null Co2-Emission! Einander Zeit zu schenken, ist etwas so Liebevolles. Wie könnte ein Zeichen der Liebe größer ausfallen, als die Partnerin vor einer Grippeinfektion zu schützen? Und mal ehrlich: Ich brauche keinen speziellen Tag, um meine Liebe zu zeigen. Ich kann jeden Tag Grippe haben! Im Sommer kaufe ich Steinfurther Rosen und verschenke sie nächstes Jahr als Trockenstrauß. 

Dienstag, 5. Februar 2019

Da platzt der Kragen


Sie waren mir nie aufgefallen, und das obwohl ich nun bereits den fünften tierleidfreien Winter überstanden habe. Doch neulich, auf dem Weg ins Büro, da stachen sie mir das erste Mal ins Auge: Menschen, die sich mit Fell um Kopf und Kragen wärmen. Ich war erschrocken, was aber auch daran liegen mag, dass der Akku meines Smartphones leer war und ich den Weg zum ersten Mal mit nach vorne gerichtetem Blick ging. Vor mir waren eine Frau mit Fellbesatz um ihre Schuhe herum, dann zwei Männer mit braunem Fellrand um die nicht auf dem Kopf getragene Kapuze, etwas links ein älterer Herr im Wildledermantel mit fellbesetztem breitem Kragen und zahlreiche Kinder mit fellbebüschelten Strickmützen. Ich begann nachzudenken. Wie geht man mit dem um, was zuhause im Schrank hängt, aber nicht mehr der eigenen Lebensrealität entspricht?

Letztes Jahr habe meinen alten, treuen Lederblouson weggegeben – eben weil er aus Leder ist und ich kein Kleidungsstück mehr im Alltag tragen wollte, das für Tierleid steht. Konsequent war ich dabei allerdings nicht, denn meine Lederschuhe trage ich noch und auch meine Lederjacke, die Heavy-Metal-Konzert-Besuchen vorbehalten ist. Ich räume ein: Vielleicht war das Tierleid gar nicht mal ausschlaggebend, sondern mehr, dass ich den Blouson einfach nicht mehr schön an mir fand. Ich denke weiter über das Dilemma nach. Darf ich mich Veganer nennen, aber nicht-vegane Kleidung tragen? Reicht es, künftig keine tierische Kleidung mehr zu kaufen, um den Tierschutz zu fördern? Ist es nicht ökologischer, bereits gekaufte Kleidung zu tragen, bis sie auseinanderfällt, statt sie weiterzugeben oder gar zu entsorgen und neue kaufen zu müssen?

Als ich mich im Alter von 19 Jahren entschied, vegetarisch zu leben, lud ich an einem Abend Freunde ein, mit denen ich sämtliche Fleisch- und Fischkonserven aß, die ich noch hatte. Ab da hatte ich einen vegetarischen Haushalt. Nun kann ich meine Freunde schwerlich dazu einladen, meine Kleidung zu essen. Sie zu verwenden, bis sie analog der Konserven von der Nutzung verzehrt wurden, würde wohl ein lebenlang dauern, denn gut gepflegtes Leder ließe sich gar seinen Kindern vererben. Wie geht man also mit diesem Zwiespalt um?
Den smartphonefreien Arbeitsweg nutzte ich, um zu forschen. Ich erhob in meinem U-Bahn-Wagon eine repräsentative Stichprobe. Ergebnis: Jeder fünfte Fahrgast trug Fellkapuze. Da wir weder in der Arktis leben, noch die Fahrgäste aussahen, als seien sie eine Touristengruppe der Inuit, wunderte ich mich. Welchen Nutzen hat eine solche Kapuze dann? Kaum war ich im Büro und hatte Ladestrom, gab ich „Fellkapuze“ in die Suchmaschine ein. Gleich das erste Ergbnis verriet: „Fellkapuzen sind für jede modische Jacke ein MUSS!“

Mir fielen gleich eine ganze Reihe solcher Werbesprüche ein: „Geländewagen sind für den zeitgemäßen Stadtmenschen ein MUSS!“, „Kohlekraftwerke sind für das Klima von morgen ein MUSS!“ oder „Massentierhaltung ist für den Feinschmecker ein MUSS!“ Ein Fellkragen ist ebenso wenig notwendig, um nicht zu frieren, wie ein SUV, um in der Stadt voranzukommen. Wenn Mode, der Geschmack oder allein der Werbetexter darüber entscheidet, ob Tiere leiden, ist die Entscheidung gefallen. Ich möchte lieber selbstbestimmt sein, und meine Entscheidungen vom Verstand statt von anderen und gar von Oberflächlichkeiten wie Mode oder Geschmack leiten lassen. Mein Kleiderschrank wird vegan, und vielleicht falle ich ohne Lederjacke beim Metalkonzert ja gar nicht so auf – solange ich eine Jeans-Kutte trage.

Bild: Fotograf: Berli Berlinski / Design und Realisation: Marcus Müller Pelzdesign, Regensburg
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