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Larse und Bo beim Anmoderieren |
Endlich wieder auf einer Poetry-Slam-Bühne. Dieses Mal ging es ins
KFZ nach Marburg. Das gute alte KFZ. In den 90ern mal einer der besten Konzertveranstaltungsorte Hessens, ach was, Deutschlands, wenn man auf die etwas andere Gitarrenmusik stand. So wurde es mir wörtlich aus berufenem ex-studentischem Munde versichert. Und ja, man konnte tatsächlich den von schweißnassen Haaren der Decke extatisch entgegengeschleuderten, Substanz gewordenen Spaß spüren, den man dort haben konnte und noch immer haben kann wie das aktuelle Programm des KFZ verspricht. Spüren, nicht riechen, möchte ich betonen. Auf einer spirituellen Ebene. Auch der Abend sollte ein Beleg dafür werden.
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Kurz vor acht im Keller |
Der Blick auf die Teilnehmerliste versprach mir
Der Tom und
Katja Hofmann aus Halle,
Tobi Katze aus Dortmund,
Maik Martschinkowsky aus Berlin,
Christopher Ostrowski aus Frankenberg und die Marburger
Hauke Prigge und
Tabea Reinelt. Hah, dachte ich mir, endlich mal niemanden, den du schon mal auf einem Slam getroffen hattest. Und was musste ich dann morgens in Facebook lesen? Natürlich würde der gute alte
AIDA auch schon wieder mit von der Partie sein. Dieser Tausendsassa! Auf sein "Pssst. Mach's nicht kaputt!", freute ich mich seit dem. Dieser Slam würde sein einhundertster sein. Und nochzudem stand er vor 100 Slams auch in Marburg auf der Bühne. Ein doppelt spannendes Ereignis.
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Larse und Bo und der G-Punkt |
Moderiert würde das Ganze von Bo Wimmer und Lars Ruppel, beides bekannte Namen in der Poetry Slam Szene. Lars macht besonders durch seine sozialen Bemühungen von sich reden, was ich persönlich ganz groß finde (Stichwort:
Weckworte).
Von daher fiel es mir leicht, Lars nachzusehen, dass er bis wenige Stunden vor dem Slam brauchte, bis er mir meine Fragen zur erlaubten Vortragsdauer beantwortete. Auch wenn es mich etwas nervös gemacht hatte, so lange zu warten, denn ich war sehr unsicher - fünf, sechs, sieben, zehn Minuten? -, und so etwas wie in
Friedberg sollte mir nicht nochmal passieren. Also entschloss ich mich, noch bevor Lars mir meine Spannung per Email nahm, den Morgen zu nutzen, um meine Texte allesamt auf die Wettkampflänge von fünf Minuten zu kürzen. Das würde mir künftig den Stress nehmen, ständig nachfragen zu müssen, wie viel Zeit einem auf der Bühne geschenkt würde. Ab heute würde jeder fünf Minuten bekommen, und gut ist's.
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Marcus fischt |
Um 18:00 Uhr fuhr ich los, holte Judi, meine Begleitung für den Abend ab - in Personalunion meine Unterhaltung für die Stunde Hin- und und geübte Kapazität in Sachen Wachhalten für die Stunde Rückfahrt, die mir bevorstand - und kam um 19:00 Uhr am KFZ an. Zeitgleich tauchten
Schunke III. und AIDA mit uns auf. Wir fuhren gemeinsam in das überraschend leere Parkhaus unmittelbar am KFZ, was sich später als tragisch erweisen, uns einzeln betrachtet aber viel Geld sparten sollte. Wir zogen an den Warteschlangen vorbei ins KFZ. Tobi und Christopher waren zwar nicht zugegen, dafür waren Marcus,
Marvin Ruppert, Elena Anais und Melissa Rose mit im Boot, insgesamt 12 Poetry Slammerinnen und Slammer. Die Auslosung ergab, dass ich als drittes auf die Bühne sollte. Der Erstplatzierte bekam die Möglichkeit, seine etwas benachteiligte Startposition noch zu ändern. Er musste nur seinen eigenen Namen aus den hoch geworfenen Namenszetteln in der Luft herausfischen. Sah spektakulär aus, klappte aber nicht.
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Informatikstudent |
Als erstes startete also Marcus mit seinem von der Punkrockband Knochenfabrik inspirierten Text: "Der nackte Golfer". Er bekam dafür 42 Punkte. Als zweiter trat Der Tom mit "Nehmt euch in Acht vor den Kellerkindern, denn wir sind unter euch" auf. Sehr schön skizzierte er das Dasein eines Computer-Nerds und erhielt satte 47 Punkte. Ich trat als dritter an und gab meine gekürzten "Auf den Spuren Descartes" zum Besten. Ich war gespannt, wie die um 200 Wörter gekürzte Version ankommen würde. Ich bekam, glaube ich, 35 von 50 Punkten. Das Publikum hatte seinen Spaß, und ich war mit der Bewertung zufrieden. Ich war zwar schon mal höher für diesen Text bewertet worden, aber rein mathematisch war nichts daran auszusetzen. 20% weniger Punkte für 20% weniger Text, das geht in Ordnung. Ich hatte jedenfalls meinen Spaß. Als Vierter folgte AIDA, der mit seinem Musical-Text punkten konnte und bei 46 Punkten landete. Der Tom war damit im Finale.
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Kein Kaffee mehr ans Bett |
Die zweite Runde eröffnete Marvin Ruppert mit einer traurigen Tiergeschichte aus seinem Leben: Sternenhimmel. Traurig. So eine liebe Schildkröte. Und das Ableben selbiger brachte ihm 48 Punkte. Dann kam Tabea -
sehr zu Bos Freude - mit ihrem Schach-Matt-Gedicht, für das sie 40 Punkte bekam. Anschließend betrag Schunke III. mit zwei Texten die Bühne. "Halt den Mund ... an meinen und küss mich" und sein Text, in dem er sich "blöde in seine Ex-Freundin verliebt hatte" brachten ihm 38 Punkte vom Publikum. Den Abschluss machte Maik mit einem Rundumschlag auf die Integrationsdebatte, die mit 46 Punkten honoriert wurde. Damit stand Marvin als zweiter Finalist fest.
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Sie hasst das ... |
Elena eröffnete den letzten Abschnitt der Vorrunde mit "Das kannst du gerne alleine machen, aber ohne mich" und erhielt dafür 46 Punkte. Melissa folgte ihr auf die Bühne und trug muttersprachlich einen englischen Slamtext vor. "The Day my World became small" bekam -
entgegen der lyrischen Entwicklung ihrer Welt - ebenfalls große 46 Punkte. Katjas darauf vorgetragenes "Ich hasse das" machte sie zur Höchstbewerteten des Abends: 49 Punkte. Den Abschluss machte Hauke mit seiner Version der Weihnachtsgeschichte und erhielt dafür 44 Punkte. Damit stand auch die dritte Finalistin fest, und Katja konnte sich am Ende auch im Finale durchsetzen. Katja gewann den 46. Poetry Slam im KFZ.
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Elena und Larse sind ganz gespannt |
Das war der letzte Slam für mich vor dem
Cockpit Slam, den ich für den 29. November selbst organisiert habe und moderieren werde, und es war ein großartiger Slam mit einem Teilnehmerfeld, das einfach nur Freude machte, und zwei Moderatoren, die an Spontanität und Kreativität in ihrer Moderation für sich genommen schon den Weg nach Marburg wert waren. Jetzt freue ich mich aber riesig darauf, mal nicht anzutreten sondern andere antreten zu lassen. Hauke und AIDA werden auch auf meiner Bühne sein. Mehr unter o. g. Cockpit-Slam-Link.
Und zum Abschluss noch die Geschichte vom Parkhaus. Es war natürlich zu, als wir zum Auto wollten. Wir mussten den Notdienst rufen, der uns für teuer Geld das Rollgitter wieder öffnete. Wer konnte auch ahnen, dass es deshalb so leer war? Es waren nämlich keine Einlass-, sondern Öffnungszeiten, die am Eingang angeschrieben waren. Wären wir nicht zu viert gewesen, wäre das ein echt teurer Abend gewesen. So teilten wir, Lars legte noch was hinzu, und wird hatten dennoch reichlich Spaß auf der Heimfahrt. Marburg, ich mag dich, und ich komme wieder.
Vielleicht war dir dein Descartes-Text durch die 20%-ige Kürzung ein bisschen fremd geworden, nachdem du zuvor längst in der ausführlicheren Version heimisch warst?!?
AntwortenLöschenBisschen schade für dich, aber allein dein Bericht entschädigt uns.
Es gab keinen Text, von dem ich behaupten könnte, er wäre schlechter als meiner gewesen, und gemessen an der Publikumsreaktion war er keinesfalls schlecht. Ich hatte meine Lacher :-)
AntwortenLöschenIch fühlte mich keine Sekunde als Verlierer, eher als Teil eines wirklich beeindruckenden und talentierten Teilnehmerfelds.
Aber mal schauen, wie der gekürzte Text beim nächsten Slam, am 14. Dezember in Gießen, wirkt. Ich ändere nichts. Bloß auf die Parkhäuser werde ich besser achten ...