Dienstag, 30. April 2019

Prima Klimaschüler


Die sollten mal lieber in die Schule gehen, statt zu schwänzen, oder wenigstens ins Internet. Dann würden die sehen, dass es gar keinen Beweis für den Klimawandel gibt. Die Wissenschaftler sind sich nämlich selbst nicht einig. Das Klima hat sich ja schon immer verändert, und daran ist nicht der Mensch Schuld. Wir könnten also gar nichts gegen den Klimawandel machen. Und Schüler schon gar nicht. Wer zahlt denn die CO2-Steuer der Klimadikatur? Die Schüler? Bestimmt nicht. Das sind wir.

So und so ähnlich klingt das bei einigen, wenn „Fridays for future“ zur Sprache kommt. Dann versuchen Menschen, die im Internet lesen, das, was sie von Menschen, die im Internet schreiben, gelesen haben, denen zu beschreiben, die zu diesem Zeitpunkt eigentlich nur sagen wollten, wie stolz sie auf ihr engagiertes Kind sind.

Laie trifft auf Laie und verschießt, was ein anderer Laie im Internet aus allen möglichen Quellen zusammengesucht hat, um seine Meinung vom nicht menschgemachten Klimawandel zu stützen. Im besten Fall liest er auf der Seite eines echten Klimaforschers, der aber eine Mindermeinung vertritt oder zumindest ein Studienergebnis präsentiert, das weiterer Forschung bedarf. Wissenschaft existriert durch Theorien, die immer wieder Überprüfungen ausgesetzt sind. Absolute Wahrheit ist nicht ihr Anspruch – den gibt es nur in der Theologie. Ich bin ebenfalls Laie, wenn es um Klimaforschung geht. Ich muss jedoch nicht alle Fakten des Klimawandels kennen, um die Argumente eines Klimaleugners zu entkräften. Ich muss ja auch kein Wasserkraftwerk bauen können, um zu wissen, dass es mir saubere Energie liefert. Wichtig ist: Der Klimawandel findet unstrittig statt, daran zweifeln auch die Seriösen unter den Klimaleugnern nicht, und das unerwartete Ausmaß ist aller Wahrscheinlichkeit nach menschgemacht. Davon ist die erdrückende Mehrheit der Forscherinnen und Forscher überzeugt, und ihre Arbeiten sprechen dieselbe Sprache.

Wenn der Klimaleugner nun sagt, es handele sich um eine Verschwörung, und er sei Teil jener, die einzig die Wahrheit erkennen – also Teil jenes Kreises von wenigen Prozent der Wissenschaftler ist, der den Menschen nicht für verantwortlich erachtet –, dann stellt sich die Frage, die sich jeder Skeptiker stellen sollte: Cui bono! Wer profitierte von der vermeintlichen Lüge der menschgemachten Klimaerwärmung dermaßen, dass er es schafft, mit Gewinn fast die gesamte Forscherwelt zu bestechen. Hersteller von Solartechnik und E-Autos? Oder gar diese weltverbessernden Veganer? Unwahrscheinlich! Wem die Leugnung dahingegen etwas nützte, das wären die mächtigen Ölkonzerne, und ich bin mir sicher, die wären erfolgreicher, wenn es darum ginge, ihre Billiarden zu sichern.

Für die Folgen des Klimawandels zahlen wir auf jeden Fall – entweder heute kalkuliert oder in der Zukunft in unberechnenbarer Höhe, weshalb ich als Poetry Slammer auch gerne mit einem Zitat des zweifachen Siegers der deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften Marc-Uwe Kling abschließen möchte: „Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.“ 

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