Nun, da der Coca-Cola-Konzern offensichtlich seiner Corporate-Responsibility-Abteilung auf Anraten eines aluminumdosenproduzierenden Geschäftspartners sämtliche Gelder gekürzt hat, steht die Frage im Raum: Was soll man bitteschön denn trinken, wenn man von der Hundertfünfizgmilliliterdose verführerisch angelächelt wird? Was wird das künftige Mittel der Wahl sein, wenn man seine Inselzellen überfordern will? Mit welchem Getränk führe ich künftig Phosphate zu, um meine Gefäßalterung und -verkalkung voranzutreiben? Die Antwort ist einfach: Jedes andere Getränk als Kola!
Das Einfachste ist immer noch der Griff zum Leitungswasser. Geschmack bekommt es mit einem Spritzer Zitrone. Wer Kohlensäure möchte, greift zu einem von diesen Wassersprudlern. Oder probiert es mal mit etwas ganz anderem, das beides vereint: Wasserkefir
Dazu braucht es lediglich Japankristalle (auch: Japanische Meeresalgen) als Starter (das Internet ist voll von Anbietern, auch einige Reformhäuser und Bioläden führen sie), den Rest hat man im Haus. Einen Liter Leitungswasser, fünf Esslöffel Rohrzucker, 30 Gramm Trockenobst sowie zwei Scheiben Zitronen dazu, und nach zwei bis drei Tagen habe ich ein fermentiertes Getränk, das - und hier freut sich der Hesse - ein wenig an Rauscher, also an jungen Apfelwein, erinnert. Dazu kommen ein spitziges Zitronenaroma und je nach hinzugegebenem Trockenobst noch andere Aromen. Ich habe bislang Rosinen, Feigen und Datteln getestet. Feigen sind meine Favoriten. Je länger ich die Japankristalle, die eine symbiotische Lebensgemeinschaft aus Bakterien und Hefezellen sind, arbeiten lasse, desto saurer wird das Getränk und desto mehr Zucker setzen sie in Alkohol um. Das Trockenobst benötigen die Symbionten übrigens zur Stickstoffzufuhr, ohne die die anaerob arbeitende Gemeinschaft nicht überleben könnte. Nach zwei bis drei Tagen sind Zucker und Stickstoff zu Milchsäure umgesetzt, dabei entstehen auch Kohlensäure und, wie geschrieben, Alkohol - ca. ein halbes Prozent sollte es bis dahin sein. Es ist also kein Getränk, das Kinder trinken sollten. Entgegen gängiger Werbebotschaften trifft das allerdings auch auf Kola zu - es sei denn man möchte ein übergewichtiges Kind in Diabetesgefahr und mit geringer Knochendichte.
Das Tolle: Sobald das Getränk abgeseiht ist, braucht man den Wasserkefir lediglich mit klarem Wasser zu spülen, die Zitronenscheiben und die eingeweichten Trockenobststücke entfernen und kann ihn erneut ansetzen. Schon nach wenigen Stunden steigen die ersten Bläschen auf und zeigen, dass ordentlich gefuttert wird. Am besten gibt man den Symbionten einen Namen, damit man sie auch pfleglich behandelt. Ähnlich wie beim Tamagotchi in den 90ern - nur dass man es trinken kann. Carl mit C ist ein guter Name. Kevin geht wohl auch. Wichtig ist, dass das Behältnis geschlossen ist, aber dennoch Luft entweichen kann. Das soll verhindern, dass fremde Bakterien und Pilze über die Luft eindringen, aber andererseits ermöglichen, dass die entstehende Kohlensäure entweichen kann. Weiter sollten Holzlöffel genutzt werden und auch der Deckel des Behältnisses nicht aus Metall sein, denn Metall kann das Wachstum der Kulturen hemmen oder ganz zum Erliegen bringen.
Wer das fertige Getränk mit Lebensmittelfarbe schwärzt oder beim Trinken die Augen schließt, kann mit Wasserkefir ein Getränk genießen, das optisch einer Kola in nichts nachsteht, aber nur die Hälfte des Zuckers enthält, dazu von den Mikroben produzierte Vitamine des B-Komplex, C und D. Es schmeckt allerdings in keiner Weise wie Kola, aber das ist Geschmackssache. Vorteilhaft ist, dass man es sich sparen kann, die Kola mit einem Schuss Cognac trinkbar zu machen - nach sechs Tagen hat das stattliche Getränk nämlich möglicherweise schon vier Prozent Alkohol. Zu diesem Zeitpunkt ist es allerdings auch so sauer, dass es sogar ein Schweppes-Gesicht beim Trinken macht - um zum Abschluss eine andere Marke ins Spiel zu bringen, die von Coca Cola vertrieben wird.
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