Die Klimadebatte ist aufgeheizt – ganz passend zum Klima.
Immer öfter sieht man Fotos von chilenischen Bauern vor leeren Brunnen, Videos
von verheerten Landstrichen in Argentinien und bekommt chinesische
Minenarbeiter im Kindesalter präsentiert. Es geht um den Lithium-Abbau, und
über den Bildern steht sinngemäß dieselbe Überschrift: „Das Elektro-Auto
zerstört die Umwelt!“ Schließlich werden für den Betrieb Akkus benötigt, in
denen Lithium enthalten ist.
Ganz fair ist das natürlich nicht, denn es erweckt
den Anschein, als hätte ein pseudo-grüner Ökoteufel den Abbau für sein
diabolisches Gefährt überhaupt erst in Gang gesetzt. Tatsächlich werden nur
gut 37 Prozent für Akkumulatoren genutzt, der Rest für zahlreiche andere Zwecke,
von der Produktion von Glas und Keramik bis hin zum Einsatz in Antidepressiva. Auch
werden die Akkumulatoren nicht zur Gänze von der Autoindustrie genutzt. Tablets,
Smartphones, PCs, Akkuschrauber bis hin zur E-Zigarette nutzen
Lithium-Ionen-Akkus. Gerade die drei Erstgenannten muss man natürlich im
Bildtext ausklammern, denn wie soll man dann noch mit gutem Gewissen ein Like für
das Lithium-Abbau-Bashing vergeben. Der kleine Exkurs soll natürlich nicht
darüber hinwegtäuschen, dass der Bedarf für Fahrzeugakkus steigt. 2008
lag deren Anteil am Lithium-Abbau noch bei unter 20 Prozent. Das wird die eingangs
geschilderten Phänomene noch verstärken, und das finde ich schrecklich.
Doch
wer glaubt, dass die alternative Überschrift „Der Otto-Motor rettet unsere
Umwelt!“ zutreffend wäre, irrt. Da muss man sich nur die zahlreichen Ölunfälle
in Erinnerung rufen, die ganze Meeresregionen und Landstriche verheert haben.
Wer glaubt, dass die Einflüsse der Erdölnutzung auf die Umwelt nur bei
Katastrophen auftreten, sollte nach Nigeria in Verbindung mit dem Suchbegriff
Erdöl googeln, um einen Eindruck zu gewinnen. Allein die vor über 15 Jahren
gebaute Kamerun-Tschad-Ölpipeline hat so viel unberührte Waldregionen und Wasserquellen
der ansässigen Bevölkerung zerstört und beeinflusst sie noch immer, dass das
durchaus ein paar Videos und Bilder parallel zu denen des Lithium-Abbaus wert
wäre. Was ist das Fazit aus allem? Es ist nicht das E-Auto, das die Umwelt
zerstört. Es ist auch nicht der Benziner oder Diesel. Es sind unser
Konsumverhalten und die Verwechselung von Fahrzeugbesitz mit Freiheit. 64,8
Millionen Fahrzeuge sind allein in Deutschland zugelassen. Das sind 692 Kfz je
1.000 Einwohner. Vor zehn Jahren waren es noch 55,4 Millionen, und die
Fahrzeugdichte lag bei 503. Ich sage nicht, dass der Besitz eines Fahrzeuges
abzulehnen ist. Ich habe selbst viele Jahre auf dem Land gelebt, und auch vom
Städtchen Friedberg ins Land zu kommen, ist manchmal ohne Auto ein Abenteuer.
Im
Durchschnitt steht
ein Fahrzeug jedoch 95% der Zeit, das sind 23 Stunden am Tag. Es ist an der
Zeit, das zu überdenken! Die Förderung von Carsharing-Systemen mit Keyless
Vehicle Entry kann die Lösung sein. Fahrzeuge, die per App lokalisiert,
schlüssellos mit einem Code geöffnet und genutzt und dann einfach am Zielort
abgestellt werden können, wo sie anderen zur Verfügung stehen. Kein
persönlicher Besitz, nur bedarfsgerechte Nutzung. Das würde den privaten
Fahrzeugbestand massiv reduzieren, ohne Freiheiten einzuschränken. Ressourcenschonung
ohne Mobilitätseinschränkung. Dann wäre es auch gleich, ob ich einen Otto- oder
einen E-Motor im Fahrzeug habe. Und keine Sorge: Das Smartphone zur Buchung zu
nutzen, fällt nicht ins Gewicht. Von denen gibt es fast so viele wie Autos.
Bildquelle: Von Nissan_LEAF_got_thirsty.jpg: evgonetwork (eVgo Network). Original image was trimmed and retouched (lighting and color tones) by User:Mariordoderivative work: Mariordo (talk) - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: Nissan LEAF got thirsty.jpg:, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18091826
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen