Samstag, 24. Januar 2015

True Metal People – Be true!

Seit einiger Zeit schon ziehe ich meinen persönlichen Nutzen der Sozial Media in Zweifel, allen voran den von Facebook, und hadere damit, wie ich mit meiner Teilhabe am Web 2.0 umgehen soll. Das hat einerseits mit der größtenteils sinnentleert verbrachten Zeit zu tun, andererseits mit der Fremdbestimmung durch den hinterlegten Algorithmus, der bestimmt, welche Einträge ich sehen darf und welche nicht, weiter mit der großen Anzahl derer, die glauben, dass Meinungsfreiheit bedeutet, man müsse zu allem seine widerliche Meinung loswerden und zuletzt, jedoch vorrangig, mit Folgendem: Facebook ist nicht true!, womit sich auch der Kreis zur Überschrift wieder schließt, ohne die Spannung zu verderben, was bei den Göttern das mit True Metal zu tun hat. Mehr dazu abschließend. Der Spannung wegen!

Vor einiger Zeit schon stellte ich an mir fest, wie schnell die Statusmeldungen ausnahmslos lesen zu wollen, in seinen Bann zu ziehen vermag und wie viel Zeit das täglich kostet, ohne dass ich am Ende des Tages sagen könnte, was mir das gebracht hat. Bei in Summe 300 Kontakten, die der Durchschnitts-Facebookianer verknüpft hat, können das locker 500 und mehr Meldungen sein, die jeden Tag auf einen einprasseln. Darüber unterhielt ich mich letztes Jahr mit einer Freundin, die mir dann empfahl, die Seiten von entfernten Bekanntschaften nicht mehr zu abonnieren und gezielt nur die Statusmeldungen von Freunden aktiv zu lassen. Wenn ich wissen wollte, was jemand Bestimmtes so machte, könne ich deren Profilseiten ja gezielt ansteuern. Gesagt, getan. Seit einem halben Jahr habe ich nur noch die Statusmeldungen einer Handvoll Freundeskontakte im Abonnement, dafür mehr Seiten, die in meinem Interesse liegen (Online-Magazine, Online-Zeitungen, Vereine etc.). Mein persönlicher Newsfeed! Nichts mehr verpassen, was in der Welt los ist. Das ist toll, weil ich keine Tageszeitungen lese, auch keine Nachrichten im Fernseher schaue und meine Informationen rein online beziehe. Keine zig Hompages mehr direkt anwählen müssen, alles über mein persönliches Facebookportal zur Welt. So weit so untrue!

Facebook analysiert mein Surfverhalten und präsentiert mir anhand der Facebookseiten, die ich lese, like und kommentiere, genau die Informationen, die mich laut der Facebook-Macher offenkundig interessieren müssen. Das ist fatal! Ein Beispiel: Bewegt mich derzeit viel im Themenkomplex zwischen „Charlie Hebdo“ und „Pegida“, bekomme ich primär die Seitenmeldungen angezeigt, die sich inhaltlich in diesem Spektrum bewegen. Leider zeigt mir Facebook dann nicht mehr an, dass Stefan Kretzschmar Trainerkandidat für die deutsche Handball-Nationalmannschaft der Frauen war, was mich allerdings tatsächlich nicht interessiert hätte, oder – in meinem Fall – dass der BGH Ende Oktober entschieden hatte, dass die Bearbeitungsgebühren der Banken für Kredite unrechtmäßig sind und bis zum Ende letzten Jahres zurückgefordert werden können. Dafür habe ich erfahren, dass Russland sein Einfuhrverbot moldauischer Fleischprodukte ausgeweitet hatte. Danke, Facebook! Doch auch wenn ich den Vegetarierbund abonniert habe und bei der „Veganen Gesellschaft Deutschland“ Vieles like und kommentiere, wäre mir die Information des BGH wichtiger gewesen, weil ich meinen Jahresurlaub nicht durch den günstigen Ein- und teuren Verkauf moldauischer Rinderhälften finanzieren wollte! Das BGH-Urteil hätte ihn mir schon finanzieren können. Hätte! Doch die Nachricht verpasste ich ja. Deine Nachrichten, Facebook, sind nicht true! Außerdem blendest du mir die Einträge meiner Freundin aus. Muss sie nun jede ihrer Statusmeldung mit „vegan“ taggen, damit wir uns im Web 2.0 wieder finden? UNTRUE!

Und wenn ich dann auf jene Beiträge, die mich interessieren, klicke und nach der Lektüre den Fehler mache, die Kommentare zu lesen, zeigt sich die dunkle Seite der Meinungsfreiheit. Dieter Nuhr sagte mal sinngemäß, in einer Meinungsfreiheit dürfe jeder seine Meinung haben, doch müsse man sie doch nicht immer aussprechen. Wenn ich es schaffe, all die Leute auszublenden, die außer LOL nicht mehr viel zu sagen haben, und jene, die im Ergebnis einer Enigmaverschlüsselung nahekommende Ignoranz gegenüber einfachsten Regeln der Orthographie und Interpunktion pflegen, verbleibt immer noch ein großer Anteil von Solchen, die denken, das Internet sei ein rechtsfreier Raum und Meinungsfreiheit decke Beleidigungen und Hetze ab. Freilich ist Dummheit von der Meinungsfreiheit abgedeckt. Doch ist vieles so unbeschreiblich dumm, dass ich mich frage, ob es Jenen Schmerzen verursacht, den Hausverstand vor dem Schreiben einzusetzen. Nach einem halben Jahr Facebook ohne 95% meiner Abonnements könnte ich den Eindruck gewinnen, die Welt bestünde Großteils aus rassistischen, frauenverachtenden Carnivoren, ohne abgeschlossene Hauptschulbildung, die ständig beim Versuch, Logik anzuwenden oder Fakten zu prüfen, bevor sie öffentlich Schwachsinn behaupten, vor Schmerzen schreien. Das ist nicht die Realität. Es ist nur das Ergebnis von den gefilterten Informationen, die mir Facebook serviert. So etwas ist geeignet, einfache oder wenig aufgeklärte Gemüter zu radikalisieren, und ich glaube, genau das passiert mit Vielen. Wie sonst ist zu erklären, dass all die GIDA-Bewegungen Zulauf haben oder in Deutschland aufgewachsene Jugendliche glauben, nach Syrien in den Heiligen Krieg ziehen zu müssen. Facebook säht Hass. Und Hass ist sowas von UNTRUE!

Und jetzt zum mit Spannung erwarteten Abschluss: Letzten Samstag war ich beim Manowar-Konzert in der Jahrhunderthalle in Höchst. True Metal for True Metal People. Es gibt sogar einen Facebookveranstaltungseintrag zum Konzert, demnach 828 Personen teilgenommen haben. War aber ausverkauft. Facebook ist also … UNTRUE! Zum Vergleich: Tags zuvor war ich beim Poetry Slam in Ludwigshafen, an dem laut Facebookveranstaltungseintrag zwei Leute teilnehmen sollten: Einer war mein Slam-Kollege Thorsten, der andere war ich. Was waren wir schockiert, dass die Veranstaltung nicht nur ausverkauft war, sondern wir auch nicht die einzigen Bühnenpoeten waren. UNTRUE! Das ist jedoch alles nicht so schlimm, und ich schreibe das auch augenzwinkernd. Schlimm ist jedoch Folgendes: Wenn ich auf einem Heavy-Metal-Konzert bin, zu dem die Karte 80 Euro kostet – lohnenswerte 80 Euro, denn das Konzert war das wohl beste Metal-Event meines Leben -, „Sign of the Hammer“ gespielt wird, Joey DeMaio seine Arme zu selbigem zusammenführt und ein Teil des Publikums das nicht schafft, weil ein Handy zwischen den verweichlichten Patschehändchen klebt, um die Metal Kings in Stecknadelkopfgröße dargestellt abzulichten und im selben Moment ins Netz zu stellen, dann frage ich mich, ob „we don't attract wimps“ als Textzeile noch Bestand hat. Es heißt „Sign oft he hammer“, nicht „Sign of the Handy“. Ihr seid nicht true! Ihr seid Opfer. Opfer von Facebook! Opfer von eurer nicht erkennten Sucht, ständig online sein zu müssen, ständig kommunikativ sein zu müssen. Ich gebe euch keine Schuld. Findet zurück! Burn the Bridges, true metal people. Aber ich muss euch auch danken, speziell dem Burschen, der rechts vor mir gestanden hatte, dessen helles Display während des Konzerts das Facebook-Logo in meine Netzhaut eingebrannt hatte, so dass ich mich noch spät nachts im Bett fühlte, als sei ich eine Reklametafel, obwohl meine Augen geschlossen waren – als wäre der Tinnitus allein nicht schon präsent genug gewesen. Als du mitten in „Warriors of the World“ deinen Status checktest und deinen umstehenden Kumpels dieses lustige Bildchen zeigen musstest, die es sich auch noch anschauten, anstatt dir dein Handy zu entreißen, es Eric Adams zuzuwerfen, der es dann mit einem brachialen War Cry in Kleinstteile zerschreien würde, wusste ich eins: Die Zeit des Zweifelns und Haderns ist zuende. Wer was Dringendes von mir will, kann mich gerne anrufen oder mir eine Email schicken. Fck U, Facebookstatus. Be true!

PS Auch Dennis schrob hierzu. Zeitgleich. Als Gastbeitrag. Lesenswert!

Sonntag, 18. Januar 2015

Siebenundzwanzigster Schritt - kleiner Teebeutel, große Wirkung

So sieht's mal aus! Hoffentlich überträgt sich
der Earl Grey nicht auf den Earl Grey daneben!
Ich bin baff, Tegut. Ihr habt doch tatsächlich geantwortet. Gerade einmal ein Monat musste vergehen, bis mir eine Antwort zuteil wurde. Bis Fulda ist es natürlich auch recht weit, und bis die E-Mail dann auch noch den Weg zu mir zurück gefunden hatte … Nun, sie ist da! Wie schön! Über 300 Wörter, habt ihr mir gewidmet. Ich werde als Kunde ernst genommen. Zwar beschäftigt sich ein Drittel der Wörter mit dem kompostierbaren Knotenbeutel, den ihr eingeführt habt, um es Kunden wie mir fortan zu ermöglichen, Gemüse mit gutem Gewissen nachhause transportieren zu können. Einem Knotenbeutel, den ich zwar nicht thematisiert hatte und auch nicht nutze, weil ich und jeder andere, der das möchte, mit geringstem Organisationsaufwand gar keinen Beutel bräuchte, um Gemüse zu kaufen. Aber es war schön, sich darüber auszutauschen, und es ist ja auch eine gute Sache. Ihr setzt euch mit mir und meinem Streben nach Nachhaltigkeit auseinander. 138 Wörter widmet ihr anschließend dem eigentlichen Thema: Unnötigerweise einzeln in Plastik verpackten Teebeuteln. Zum einen sprecht ihr von Aroma und Frische, die nur der Plastikverpackung zu verdanken seien. Schön und gut, doch kann ich beim besten Willen keinen qualitativen Unterschied erkennen, bspw. zwischen dem Pfefferminztee von Meßmer und dem von Tegut. Natürlich habe ich keine Doppelblindstudie mit 50 Teilnehmern durchgeführt, die mein persönliches Empfinden stützen würde. Aber ich bin einfach mal so frei zu unterstellen, dass es weniger die Plastikverpackung ist, die einen aromatischen und frischen Tee ausmacht, sondern mehr die Qualität der Teeblätter und die Transportzeiten. Meßmer schafft das offensichtlich mit Papierverpackungen. Wenn ihr dann noch mit Stolz postuliert, dass durch die Plastikeinzelkuverts „nun verschiedene Teesorten unproblematisch zusammen in einem Aufbewahrungsgefäß gelagert werden“ können, frage ich mich, wie hoch der Anteil an Menschen ist, die sich die Mühe machen, alle Teebeutel in so hübsche Holzkästchen zu packen, die dann aber nicht mehr in einen üblichen Küchenschrank Platz finden. Aber, wie bereits geschrieben, ich habe das ja auch nicht empirisch erhoben, so dass ich mich nur fragen kann. Auch stelle ich in Frage, ob tatsächlich eine Aromaübertragung stattfinden würde. „Hey, mein Pfefferminztee schmeckt ja nach Erdbeer-Vanille!“ „Oh, tut mir leid. Liegt an den Papiereinzelkuverts. Das Aroma ist wohl übertragen worden. Aber, warte mal. Ich habe gar keinen Erdbeer-Vanille-Tee. Das ist doch Holunder-Rhabarber!“
Zu guter Letzt merkt ihr an, dass ja seit der letzten Überarbeitung auf die Plastikhülle um den Karton herum verzichtet würde. Das ist gut so. Und ein erster Schritt. Aber ich glaube, dass ihr damit nur einen Teil dessen erfüllt, was euer Kundenstamm wollen würde. Die Tegut-Kundenschaft denkt größtenteils nachhaltiger als andere Supermarktkunden – da bin ich mir auch ohne Studie sicher -, und seien wir ehrlich: Ich bin nicht derjenige, der Studien durchführen muss. Die Kundenbefragung liegt an euch, wenn ihr anbieten wollt, was die Tegut-Kundinnen und -Kunden wünschen. Ich weiß, dass ich nicht alleine mit meinem Anliegen bin, Plastikverpackungen zu reduzieren. Das weiß ich vor allem deshalb, weil ich bereits einige eurer Antwortmails auf Anfragen meiner Blogbesucher zugespielt bekam und ihr jedem den gleichen Text sendet. Das wiederum lässt mich vermuten, dass meine Anfrage nicht die erste in diesem Kontext war - obwohl es mich freilich stolz machen würde, einen Textbaustein in eurem Anfragenbearbeitungsprogramm generiert zu haben.  Ich hoffe, dass nach dem nächsten Schritt papierne Einzelkuverts zum Einsatz kommen. Denn es ist mitnichten so, dass ein hochwertiger Tee nur in Kunststoff daher komme. Es ist ein einfacher Pfefferminztee, kein Heil-Tee. Da könnt ihr ruhig etwas entspannter sein, wenn es um die Verpackung geht. Also, vorwärts Tegut. Bis dahin trinke ich halt, Tee von Meßmer - den ich aber nach wie vor im Tegut-Markt kaufe, weil ihr eure Sache alles in allem gut macht! Und ihr, meine treuen Leserinnen und Leser, wendet euch gerne weiterhin per Email an Tegut, wenn ihr auch keine Plastikeinzelkuverts wollt (info@tegut.com). Das geht schneller, als eine Kundenumfrage zu machen. Heute die Teebeutel, morgen der Plastikmüll im Ozean. Prost!

Ach, ja, noch eins zum Abschluss, in den nächsten Wochen wird mein Freund Dennis, der sich mit dem Thema Minimalismus auseinandersetzt, ein paar Gastbeiträge schreiben. Freut euch mit mir.

Dienstag, 6. Januar 2015

Sechsundzwanzigster Schritt - Spiderman und Teebeutel

Arnold und die Sneeps
Mitte Dezember durfte ich Spiderman spielen, will sagen: Das studentische Netzwerk Sneep setzte mich inmitten ihres Netzes, um mich von dort aus von meinen bisherigen Erfahrung im "Plastiksparen" erzählen zu lassen. Gut 30 Studentinnen und Studenten der Uni Kassel waren mein Auditorium. Es war eine sehr schöne Erfahrung, zumal ich selbst überrascht war, dass ich bereits eine knappe Stunde über meine Lebensumstellung binnen der letzten 12 Monate füllen kann. Auch die anschließende Podiumsdiskussion war wirklich spannend und brachte viele Impulse. Das wiederhole ich gerne.

Bunte Plastikvielfalt - Rein damit in die papierne Einkaufstüte!
Anfang Dezember hatte ich mir arglos eine Packung Pfefferminztee gekauft. Wie hätte ich ahnen können, was mich erwartete, als ich die Packung öffnete? Ich stand also in der Küche. Es war der Morgen nach dem Kauf. Noch recht früh. Das Dunkel der Nacht war noch nicht gänzlich von der aufgehenden Sonne in sein sternenbeschienenes Reich vertrieben. Trunken von Schlaf, doch angetrieben von der Freude auf ein plastikfreies Frühstück, tastete ich mich durch den Schrank, um zu meinem Pfefferminztee zu gelangen. Von einer besseren Welt träumend öffnete ich blind die Verpackung. Noch verwundert darüber, dass der erwartete Pfefferminzgeruch ausblieb, ertastete ich die ersten Beutel. Die Öberfläche der Beutelverpackungen war glatt und kühl. Wo war die erwartete zart-papierne und gefühlt warme Oberfläche der üblichen Beutelverpackung? Ich zog einen der Teebeutel hervor und traute meinen Augen nicht. Ich kniff mich, um mich zu vergewissern, nicht vom Alb gepackt zu sein. Die Beutel waren einzeln in Plastik verpackt. Ich atmete schwer, musste mich an der Arbeitsfläche in der Küche festhalten, um nicht, vom Schwindel ergriffen, zu Boden zu gehen. Mit weit aufgerissenen Augen, ungläubig den in Kunststoff gefangenen köstlichen Teebeutel in meinen Händen drehend, griff ich zum Telefon und rief schluchzend meine Mutter an ... Nun, vielleicht dramatisiere ich geringfügig, aber mal ehrlich, selbst Branchen-Könige wie OTG und Meßmer verpacken einzeln in Papier, die günstigen verzichten gänzlich drauf. Warum muss gerade tegut, mein Lieblings-Supermarkt - weil jede Menge Bio-Produkte und Veganes - weil als erster Supermarkt keine Plastiktüten mehr im Verkauf -, seine Eigenmarke in Plastik einschlagen? Es ist unverständlich und widerspricht so sehr dem Eindruck, den Tegut hinterlassen will. Aufregen und wundern hilft niemandem, dachte ich mir, und schrieb Tegut eine Email. Eine Email, auf die ich auch nach zwei Wochen keine Antwort erhielt. Eine Email, an die ich zwei Wochen später höflich erinnerte, und auch weitere zwei Wochen später keine Antwort erhielt. Das enttäuscht mich sehr. Vielleicht bekommt ja jemand von euch eine Antwort, weshalb Tegut in Plastik verpacken muss, während die Mitbewerber Papier wählen. Es scheint, als habe das Ressort, das in Sachen Einkaufstüten entschieden hatte, keine Verbindung zum Einkauf, denen Plastik und die Kundenmeinung darüber offensichtlich egal sind. Viel Erfolg: info@tegut.com

Update
Tari-Tara, die Antwort ist da!