Plogging - für Fitness und Umwelt |
Wenn einem in Friedberg ein
schnell laufender Mensch mit einer Tüte in der Hand begegnet, so ist das nicht
zwangsläufig ein flüchtiger Räuber und ein Fall für die Polizei. Trägt er
sportliche Kleidung, dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein „Plogger“.
Das „Plogging“ ist ein aus Schweden stammender Trend, bei dem Dauerläufer
während ihres Sports Müll von der Strecke einsammeln. Der Begriff setzt sich
aus dem schwedischen Wort „plocka“ für sammeln und dem bekannten „Jogging“,
englisch für trotten, zusammen. Es ist eine Form des Müll-Aktivismus, die
gleich zwei positive Effekte kombiniert: Sie fördert Gesundheit und
Umweltbewusstsein gleichzeitig. Ins Leben gerufen wurde die Bewegung vom schwedischen
Umweltaktivisten Erik Ahlström. Inzwischen gibt es Plogging-Gruppen überall auf
dem Globus. In Schweden ist das seit dem Jahr 2016 sogar ein organisierter
Sport.
Einer, der das in Friedberg macht, und zwar schon bevor die Sache einen
Namen bekam, ist Gottfried Krutzki. Der 75-jährige Rechtsanwalt im Ruhestand
joggt zwei- bis dreimal wöchentlich mit einer Plastiktüte durch Friedberg. Vorbild
war sein 2011 verstorbener Bruder. „Er war stark in seiner Mobilität behindert,
was ihn aber nicht daran hinderte, sich bei gemeinsamen Spaziergängen immer zu
bücken, wenn er Müll am Weg sah“, sagt Krutzki stolz. Er habe dann immer gesagt,
er könne es nicht sehen, dass die Natur so verschmutzt wird. Irgendwann hatte
sich Krutzki dann entschlossen, immer eine Plastiktüte mitzunehmen, wenn sich beide
zum Spaziergang trafen. Nach dessen Tod behielt er es bei. Friedberg und seine
Bürgerinnen und Bürger sind Krutzki wichtig. Seit 1995 lebt er hier, ist aktiv
im Umsonstladen und trotz Ruhestand hält er einmal im Monat über das
Internationale Zentrum Friedberg im Katholischen Gemeindehaus eine offene
Sprechstunde ab. Verständlicherweise gilt seine Aufmerksamkeit auch dem
Stadtbild. Besonders sauber sei es inzwischen am Weg an der Usa entlang. Auch
dort joggt oder besser ploggt er mit Greifzange in der einen und Plastiktüte in
der anderen Hand, die er stets am nächsten öffentlichen Mülleimer entleert,
bevor sie sich Schritt für Schritt wieder füllt.
Bis zu drei volle Beutel zählt
er bis zum Ende seiner Joggingrunden. Überwiegend, so sagt er, ist es Müll von Fußgängern,
aber auch solcher, der von Autofahrern aus dem Fenster geworfen oder beim
Parken entsorgt wird: Fastfood-Müll, Zigarettenschachteln, Süßwarenverpackungen,
Plastikfolien, Papiertaschentücher, Trinkflaschen und Papierschnitzel. Immer
wieder begegnet Krutzki Menschen, die gleichfalls mit Plastiktüte spazieren
gehen. Ein Plogger war ihm jedoch noch nie begegnet. Manche Passagen litten
unter einem stetigen Müllstrom, zum Beispiel die Wege an den Bahndämmen und
manche wie der Usa-Spazierweg blieben inzwischen erstaunlich verschont. Das
Müllsammeln scheint auch einen präventiven Effekt zu haben, vermutet Krutzki.
Er erlebt aber auch Kurioses. Als er einmal einen vollen Müllbeutel in einen
öffentlichen Müllbehälter entleerte, ging ihn jemand mit den Worten an:
"Was fällt Ihnen ein, Ihren Hausmüll hier zu entsorgen." Krutzki
sieht es positiv, zeigt es ihm doch, dass es eben sehr viele Menschen gebe, die
sich darüber aufregen, dass andere Müll wegwerfen. Leider gebe es aber zu
wenige, die die öffentlichen Grünanlagen auch selbstlos von ihm befreiten.
Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, weiß das Internet. Wem Ploggen körperlich
zu anstrengend ist, der kann es auch mit Pliking (von „hiking“, englisch für
Wandern), „Plalking“ (von Walking) oder „Plycling“ („cycling“, englisch für
Fahrrad fahren) versuchen. Wer sich gar nicht zu Sport durchringen kann, dem
bleibt immerhin die Rufnummer der Stabsstelle „Sauberes Friedberg“, um
illegalen Müll zu melden (0 60 31/88-3 24).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen