Mittwoch, 26. April 2017

Das Experiment Gelber Sack XXVI

Zurückweisung ist ein hartes Stück Brot zu kauen. Heute, in der leichtfertigen Überzeugung, auf dem Wochenmarkt wie immer plastikfrei einkaufen zu können, ging ich aus dem Haus. Vor dem Obst- und Gemüsestand reichte ich wie immer meine mitgebrachten Stoff- und Papiertüten über die Auslage. Ich ließ füllen: Gurke, Fenchel, Möhren, Rettich, Pastinake, Petersilienwurzel, Rote Beete, Tomate, und dann fiel mein Blick auf den Spargel. "Ja, richtig, Spargelzeit!", bestätigte ich mir. "Ein Pfund Spargel, bitte! Kann einfach mit in die Tüte!", sagte ich und begann zu sinnieren, mit was ich ihn essen würde. 
"Nein, das machen wir nicht", sagte die Verkäuferin. 
"Eine Hollandaise?", schwelgte ich weiter in Erinnerung an den letzten Spargel, den ich gegessen hatte. Derweil packte die Verkäuferin die ersten Spargelstangen in eine Plastiktüte. Ich träumte weiter: "Oder eine Zitronenbutter dazu und die Spargel auf dem Grill zubereiten?" 
Sie packte mir die Plastiktüte mit dem Spargel in meine Stofftüte und reichte sie mir zurück. Jetzt erst erwachte ich aus meiner kulinarischen Trance. 
"Eine Plastiktüte? Aber ich hatte doch extra gesagt, ich möchte es zu den anderen Sachen dazu in meine Stofftüte gepackt haben." Ich schaute auf die Kunststofftüte in der Baumwolltüte. Ich blickte die Verkäuferin an und dann wieder meine Tüte. Ich setzte an folgendes zu sagen: "Entschuldigung, aber ich hatte doch erbeten, die Spargelstangen in die Tüte zu packen. Warum haben sie doch eine Plastiktüte genommen?" Ich wollte ergänzen: "Der Kunde ist König! Ich bin Kunde! Folglich bin ich hier der König, und meine Bitte war eigentlich keine Bitte. Es war ein königliches Dekret!" Ich öffnete meinen Mund. Die Verkäuferin blickte mich an, schüttelte kaum merklich den Kopf und sagte: "Bis Samstag!"
"Bis Samstag!", erwiderte ich und ging wieder nachhause. Zurückweisung ist zwar ein hartes Stück Brot zu kauen, aber zumindest weiß ich nun, wer hier die Königin ist. Beim Gehen spürte ich ihren hochadeligen Blick im Nacken, und er brannte mir folgende Worte in den Nacken: "Du kannst meinen Spargel kaufen, aber wenn du glaubst, dass ich zulasse, dass deine Plastikphobie meinen Spargeln die Köpfe kostet, hast du dich getäuscht. Eine Königin sorgt sich um das Wohlergehen ihres Volks. Spargel sind ein himmlicher Genuss, und zwar nur dann, wenn sie artgerecht in einer Plastiktüte, die sie vor dem Kopfverlust und dem Austrocknen schützt, den Weg nachhause finden."
Samstag bin ich wieder auf dem Markt. Dann kaufe ich wieder Spargel, werde die leere Tüte für den nächsten Spargel einfach wieder mitbringen und dich austricksen, oh, Königin des Gemüsestands!

2 Kommentare:

  1. Hallo,
    die Spargeldiskussion hatten wir auch schon, allerdings fand unsere Händlerin den mitgebrachten Beutel meines Mannes so toll, dass daraus eine rege Diskussion um Plastiktüten entstand und dass sie selbst auch schon den Mitarbeitern im örtlichen Bioladen die Hölle deswegen heiß gemacht hat. Bis vor kurzem gab es dort keinerlei Alternativen - jetzt kann man wiederverwendbare Beutel kaufen. Wir kaufen übrigens immer Bruchspargel, ist viel billiger und man bekommt, zumindest bei uns, immer sehr viele abgebrochene Spitzen. Sieht eben nur nicht so schön auf dem Teller aus :-)
    LG Nadine

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  2. Spargelbruch ist auch sehr gut. Für Salat prima. Ich grille ihn sehr gerne. Da bin ich dann für ganze Stangen dankbar, sonst landet so viel in den Kohlen ;-)

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