Samstag, 1. Oktober 2011

„Poetry im Pastis“ 4. Poetry Slam im Pastis Chez NouNou in Friedberg (30.09.2011)

NouNou bei der Vorbereitung
Der lang ersehnte nächste Poetry Slam im Pastis, und der erste Slam, bei dem ich mit einem neuen Text an den Start ging. Vermutlich stand ich deshalb zunächst vor verschlossener Tür. Immerhin kam ich gleichzeitig mit Elisa Scaramuzza, der Organisatorin des Slams an, weshalb NouNou uns auch nicht lange warten ließ.
Nach und nach trafen die nächsten Slammer ein. Unter anderem Flora Fröhlich aus Mainz, die mich AIDA beim Slam in Wiesbaden bat, ganz lieb zu grüßen. Flora hatte er offensichtlich ebenfalls gebeten, mich ganz lieb zu grüßen, weshalb es auch eine echt liebe Begrüßung wurde. Wir verstanden uns auf Anhieb und vertieften uns in einem guten Gespräch in Sachen Fotografie, solange sie auf ihre Pizza wartete. Nach und nach trudelten weitere fünf Slammer ein, so dass wir am Ende sieben Poeten hätten sein sollen, den Slam zu bestreiten. Hätten sein sollen, denn genau das führte später zu etwas Verwirrung, aber dazu komme ich noch. Leider fand sich kein Raum, mit allen Teilnehmern so schöne Gespräche zu führen, aber das wird sich bestimmt bei nächster Gelegenheit nachholen lassen.

Die Moderatoren stürmen nach fünf Minuten die Bühne
Um kurz nach acht ging es los. Die Anmoderation begann, und Elisa spielte auch das Opfer-Lamm. Sie trug einen sehr gefühlvollen Text über Heimweh aus Sicht ihres italienischen Vaters zunächst in italienisch und anschließend in deutsch vor, so dass sich das Publikum einklatschen und eine erste Probebewertung abgeben konnte, bevor es losging.
Dann wurde der erste Name aus dem Hut gezogen, und ich hatte das Los, gleich als erstes zu starten. Das Vergnügen wurde etwas davon getrübt, dass ich nicht mitbekommen hatte, dass die Vortragslänge von sieben auf fünf Minuten gekürzt wurde. So reduzierten sich meine mitgebrachten Texte leider auf nur noch einen, und ich musste ein wenig umdisponieren. Ich startete daher mit meinem neuen humoristischen Text "Superman ist ein Blödmann". Die Lacher kamen an den richtigen Stellen, wenn auch ich mich mit dem Text etwas unsicher gefühlt hatte. Doch der Applaus im Anschluss war ein schöner Lohn, besonders der aus der linken Ecke. Dort saß ein Teil meiner Familie inklusive der Kinder, wodurch es etwas von einer Wohnzimmeratmosphäre für mich hatte, wenn man mal davon absieht, dass das Wohnzimmer um ein, zwei Leute voller war als sonst. Besonders die Reihe an der Theke erwies sich als besonderer Fanclub. Letztlich bekam ich 33 von 40 Punkten, womit ich sehr zufrieden war.
Anschließend wurde Lena Noske aus Marburg erst namentlich aus dem Hut und dann persönlich auf die Bühne gezaubert. Sie trug ein trauriges Werk über Einsamkeit vor und bekamt 29 Punkte.

Flora Fröhlich in Aktion
Dann nahm Flora zuerst das Mikro, dann die Bühne und letztlich auch das Publikum in Besitz. Auch sie startete mit einem traurigen Text - über erzwungene Pausen, Krebs und die Ohnmacht, nichts dagegen tun zu können. Sie schloss mit einem Danke und das Publikum sie in ihre Herzen, was ihr 38 Punkte einbrachte. Und es kam zum Tragen, was Elisa eingangs vorgestellt hatte: Wenn alle der Auffassung seien, ein Vortrag sei besser, als das, was die Gesamtpunktzahl aussage, könne über "Extrapunkt"-Rufe mehrheitlich für einen solchen abgestimmt werden. Die Rufe kamen, der Extrapunkt folge - 39 Punkte für Flora -, und dem Extrapunkt folgte die Pizza. Sehr gut!
Als viertes startete Ben aus Gießen, der noch nie auf einer Slam-Bühne war und seinen Text schrieb, während die ersten drei Slammer ihre Fünf-Minuten hatten. 28 Punkte sollten es werden. Ein Achtungserfolg für den mit Sicherheit jüngsten Text des Abends, der sich passender Weise auch darum drehte, einmal erwachsen zu sein.

Luise Lohmeyer am Mikro
Die Fünfte in der Vorrunde war Luise Lohmeyer aus Gießen. Ihr gefühlvoller und wiederum trauriger Text drehte sich um einen litauischen Straßenmusiker, der vor einiger Zeit in Wiesbaden von drei Jugendlichen erschlagen wurde. Ihm hatte sie ihren Text auch gewidmet. Das Publikum vergab 37 Punkte und wieder wurde ein Extrapunkt herbei gerufen.
Als Nächste kam Judith aus Mühltal aus dem Hut und auf die Bühne. Auch Judith hatte an diesem Abend ihren ersten Slam zu bestreiten. Sie trug ein Gedicht über Tierquälerei vor, das schön, doch leider auch sehr kurz war und daher auch nur mit 22 Punkten bewertet wurde. Das war schade, denn es steckte Potential darin.

Dann sorgte ich für einige Verwirrung bei Elisa. Ich ging - ebenso wie sie - davon aus, dass es sieben Poeten gewesen seien, die gegeneinander antraten. Da ich auch Fotos des Abends schoss, saß ich direkt an der Bühne, und als der letzte Name aus dem Hut genommen und verlesen werden sollte, bot ich mich an, dies auswendig und ohne die Hilfe des Hutes zu tun. Ich bekam das Mikro und sagte Carsten Nagels aus Frankfurt an, von dem ich wusste, dass er auftreten würde und den ich schließlich auch schon begrüßt hatte. Leider wusste Elisa nicht, dass er da war und dachte, die letzte Kandidatin sei Julia aus Frankfurt, deren Name auch auf dem letzten Zettel stand. So hatte ich also Carsten dazwischen gemogelt und einen sichtlich verwirrten Gesichtsausdruck bei Elisa geschaffen. Das muss man mit wenigen Worten erst mal beides leisten können.

Carsten und seine Aphorismen
Carsten trat wieder mit seinen Aphorismen an. Ich wünschte ihm in Gedanken, dass er es ins Finale schaffen würde. Allerdings hatte ich nicht bedacht, dass ich mich selbst aus dem Finale gekickt hätte, würde mein Wunsch in Erfüllung gehen. Ich erlebte nun Carstens Vortrag zum dritten Mal, und es sollte der bisher selbst- und treffsicherste der drei Vorträge werden. Als Carsten fertig war, schaute ich gespannt auf die Wertungstafeln, und mein Wunsch erfüllte sich. Carsten zog mit 33 Punkten mit mir gleich, und ich freute mich auf ein Vierer-Finale. Nur kurz jedoch, denn dann kam der Ruf nach einem Extrapunkt. Der Extrapunkt vernahm den Ruf, nahm Anlauf und kickte mich aus dem Finale. Guter Treffer, Herr Extrapunkt, aber ich hätte ohnehin keinen Fünf-Minuten-Text mehr gehabt ;-) Gratuliere, Carsten. Ich freue mich noch immer für dich.
Zuletzt kam Julia Fesser aus Frankfurt dann doch zum Zug und trug eine Hommage an die großen Pianisten und Komponisten der Klassik vor. Auf den Spuren Mozarts und Chopins wandelnd, endete ihr Weg bei der 28, und die Finalisten standen fest: Flora Fröhlich, Luise Lohmeier und Carsten Nagels.

Ben Cobain
Als Zwischenspiel trat Ben nochmals auf die Bühne und begeisterte mit richtig schönen Gitarren-Covers. Besonders gefielen mir seine Version von "Ein Kompliment" von den Sportfreunden Stiller. Auch seine Interpretationen der Lieder aus der Feder von Philipp Poisel blieben noch lange in den Ohren und Mündern des Publikums. Mir persönlich war es eine Freude Ben als Reinkarnation Kurt Cobains auf der Bühne erlebt zu haben. Stimmlich war das ein Kracher, als er Nirvanas "Rape me" spielte, und im Nachhinein kann ich auch optisch eine gewisse Ähnlichkeit nicht verleugnen. Ben Cobain, ich danke dir für diese Musik, die mehr als nur ein Pausenfüller war.

Die glücklichen Finalisten
Das Finale hielt die Qualität, die die Vorrunde versprach. Flora startete mit einem Text, deren Titel ihr zwar partout nicht einfallen wollte, und überzeuge damit. Später konnte Elisa noch nachschieben, wie der Text hieß, aber der Titel war so lang, dass auch ich ihn anschließend wieder vergaß und das, obwohl ich mitschrieb. Wer kann es Flora also verdenken? Ich glaube, er hieß: "Wenn der Regen die Flügel der Freiheit trägt". Zumindest wäre das ein Titel, der viele der Wörter, die im tatsächlichen Titel - wie auch immer er geheißen haben mag - enthalten würde.
Luise redete sich mit den Straßen von L.A. in die Publikumsseele und Carsten legte die zweite Serie von Aphorismen auf.
Der Applausentscheid fiel deutlich für Flora aus, und ein Stechen zwischen Luise und Carsten führte zu keiner klaren Entscheidung, so dass wir Flora zum ersten und Luise und Carsten zu einem gemeinsamen zweiten Platz gratulieren konnten.

Flora, dankbar an meinem Slam teilnehmen zu dürfen ;-)
Insgesamt ein sehr schöner Abend. Ich selbst habe wieder viele Erfahrungen sammeln können und tolle Menschen kennen lernen dürfen. Auch habe ich Flora und Luise für meinen eigenen Slam am 29. November in Reichelsheim gewinnen können, was mich sehr freut.
Aus meinen Gesprächen mit vielen Zuschauern ergab sich nur ein Kritikpunkt - abgesehen von denen an meinem Text, den viele nicht recht verstanden hatten, weil er zu viel Comic-Helden-Wissen vorausgesetzt hatte - und zwar den Extrapunkt betreffend: Viele hatten den Eindruck, dass es nur ein Tisch war, der sehr lautstark nach Extrapunkten gerufen hatte, so dass die Vergabe kaum mehrheitlich gewesen sein konnte. Vielleicht böte sich künftig an, den Extrapunkt mit Handzeichen zu untermauern, so dass es etwas basisdemokratischer zugehen könnte.
Nicht falsch verstehen, ich schreibe das nicht, weil es ein Extrapunkt war, der mich aus dem Finale trat. Es ist nur ein Meinungsbild, das ich nicht unerwähnt lassen möchte, denn der tatsächliche Sieger bin ohnehin ich. Nachdem der Sohn meiner Freundin heute Morgen sagte: "'Superman ist ein Blödmann': Das war das geilste!" und meine beiden Kids ihm strahlend zustimmten, kann ich nicht anders. Tut mir leid, ihr Guten, aber gegen dieses Urteil kommen die Wertungstafeln nicht an ;-)

Jedenfalls freue ich mich darauf, am 14. Oktober im Café1 wieder auf der Bühne zu stehen. Vielleicht kickt mich Carsten dann ja nicht aus dem Finale ;-)

3 Kommentare:

  1. Jaaaa, und wann bekommen wir armen, abseitsstehenden Blogleser diesen tollen Text zu sehen?

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  2. Ein lautstarker EXTRAPUNKT für diesen pfiffigen Report!!!

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  3. Liebe Citara,
    zu sehen, wann auch immer ich eine für dich erreichbare Poetry-Slam-Bühne betrete ;-)

    Lieber mkh,
    besten Dank. Diesen Extrapunkt nehme ich mit für's nächste Mal, wenn es knapp wird :-)

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