Mittwoch, 24. Juni 2015

Ein Jahr vegan - und noch immer hungrig!

Buffet-Fräsen-Spielwiese
Seit einem Jahr lebe ich nun vegan. Im Dezember 2013 begann es: Aus dem fleischfressenden buffet-fräsenden Ex-Vegetarier wurde ein Flexitarier und ein halbes Jahr später sogar ein strenger Vegetarier, sprich: Veganer. Meinen Ruf als Buffetfräse konnte ich mir allerdings wahren! Wie das?, fragt man sich (den Veganismus betreffend, nicht die Buffet-Fräse; das ist reiner Futterneid).  Zunächst mal einfach so, ohne es zum Ziel gehabt zu haben. Letztlich war auschlaggebend, dass ich mein Konsumverhalten hinterfragt hatte und, den kategorischen Imperativ anwendend, feststellte, dass es die Welt auf keinen Fall ertragen soll, dass sich alle so ernähren wie ich. Erst fiel das Fleisch weg, dann die Milchprodukte, allem voran der Magerquark, den ich in rauen Mengen aß (ebenso rau, wie die Mengen von mir verzehrten Fleisches), und zuletzt fiel der Käse weg. Danach war der Schritt dahin, bei allem, was ich kaufe, zunächst die Inhaltsstoffe auf tierische Bestandteile zu prüfen nur noch ein kleiner. Mittlerweile ist das Einkaufen genauso einfach wie noch vor einem Jahr. Ich weiß, was ich in meinen Einkaufswagen packen kann und was nicht. Allenthalben bei neuen Produkten schaue ich mal auf das Etikett. Unterm Strich geht der Einkauf nun sogar schneller. Ich muss ja nicht mehr an der Fleischtheke warten bedient zu werden. Oder überhaupt bemerkt zu werden.
Meinen Frühstückskäse haben Brotaufstriche ersetzt, die ich mittlerweile immer öfter selbst mache. Mein mittäglicher Magerquark mit Obst ist Mehrkornflocken mit Obst gewichen, und zu Abend gibt es schlichtweg  mehr Gemüse und statt Fleisch kommen Tofu, Lupine, Seitan und Hülsenfrüchte dazu. Fertig ist der (vegane) Lack. Klingt einfach? Ist auch so.
Das Einzige, das ich ergänzt hatte, war Vitamin D über die dunkle Jahreszeit hinweg, und Vitamin B12. Der Rest, bestätigen mir die Bluttests, die ich zwischenzeitlich machen ließ, ist komplett im grünen Bereich. Um die Mineralien besser zu verwerten, achte ich jedoch darauf, dass meine Getreideflocken vorher zumindest eine viertel Stunde eingeweicht waren, damit die gebundenen Mineralien frei werden (Phytase baut Phytinsäure ab, die die Mineralien bindet), und ich versuche, mit jeder Mahlzeit etwas Vitamin-C-haltiges aufzunehmen, was die Eisenabsorbtion verbessern soll (reduziert dreiwertiges Eisen zu besser verfügbarem zweiwertigen Eisen).

Exklusive vegane Hotel-Verköstigung
Spannend bleibt allenthalben noch das Fremdessen. Spannend, jedoch nicht kompliziert. Bei Restaurantbesuchen rufe ich inzwischen immer vorher an und frage, was man mir zubereiten kann (bislang wurde ich noch nie enttäuscht, auch wenn es manchmal abenteuerlich war). Zwei meiner Highlights waren ein Restaurantbesuch und ein Imbiss in einem Bowling-Center. Im ansonsten eher rustikalen Restaurant, das ich bei der Tischreservierung schon informiert hatte, dass zwei vegane Gäste kommen, zauberten sie uns ein veganes Drei-Gänge-Menü, das wirklich unglaublich war. Ebenso unglaublich war der Imbiss. Nicht weil es ein raffiniertes Menü aus selbst gemachten Tofu-Würstchen und handgeschnitzten Pommes mit Cashew-Majonaise gab, sondern wegen der Unkompliziertheit. Der Koch sagte mir ganz ehrlich, sie seien zu klein und die Nachfrage bislang nur bei n=1, als dass sich etwas Veganes aufzunehmen lohnen würde. Ich sollte mir doch einfach einen veganen Burgerpattie mitbringen, den sie mir dann gerne in die Pfanne hauen und mir einen Veggie-Burger individuell basteln. Fand ich gut. Ein weiteres Glanzlicht war ein Hotel in der Eiffel, das ich auch zuvor informiert hatte, dass ich mich vegan ernähre. Als ich morgens mit meiner Freundin zum Frühstückbuffet kam, stellte ich fest, dass es ein Standard-Frühstücks-Buffet war. Ich machte mir also Haferflocken mit Orangensaft zurecht, ging zum Tisch und dann setzte Flüstern hinter mir aus der Küche kommend ein: „Schnell, das sind sie. Sie sind schon am Tisch!“ Uns wurden dann ganz exklusiv Wilmersburger Scheiben gebracht, Soja-Milch und alle möglichen vegane Köstlichkeiten, ganz speziell für uns. Das war unglaublich.
Gehe ich zu Freunden, wissen sie in der Regel, dass ich mich vegan ernähre, was es völlig entspannt macht. Wenn ich allerdings nicht aufmerksam bin, wird, was sie extra für mich zubereiten, für gewöhnlich von den Nicht-Veganern als erstes verputzt wird. Das bringt wieder etwas Spannung in die Sache und erklärt auch, warum ich auch als Veganer meinen Ruf als Buffet-Fräse aufrechterhalten konnte. Ansonsten dränge ich mich nicht auf, will sagen: Ich frage meine Freunde bei ihren Geburtstagsfeiern, Bar-Mizwas und Opferfesten zu Ehren Kalis nicht, welches vegane Menü meine Anwesenheit lohnend machen würde. Ich bringe dann einfach selbst was mit.
Was hat sich noch verändert, außer, dass ich nach dem Essen nicht mehr in die Fressnarkose falle und sich meine Blutfett-, Cholesterin- und Blutzuckerwerte dramatisch verbessert haben? Nix! Und das ist okay so, immerhin geht es um eine moralische Entscheidung und nicht um den gefundenen heiligen Gral der Superfood-Ernährung.

Freitag, 19. Juni 2015

Dreiunddreißigster Schritt: Leergut sammeln und sich von Himbeeren bräunen lassen

Vergesst 50 Cent ... das sind 75!
Mein täglicher Weg zur Bahn und vom Bahnhof nach Hause führt mich zweimal durch unser Friedberger Naherholungsgebiet, die Seewiese. Eigentlich könnte das idyllisch und entspannend sein. Morgens sehe ich dort allerdings den Müll vom Vorabend auf den Wiesen rumliegen, abends den Müll des Tages. Wohlgemerkt, es ist keine Müllhalde. Es sind einzelne Müllanhäufungen, geschätzt ein gelber Sack voll auf dem gesamten recht großen Platz verteilt, doch sie fallen ins Auge. Natürlich sind morgens auch die städtischen Bediensteten da, die die Grünanlage wieder reinigen, doch letztlich sorgen sie ja nur dafür, dass der Müll sich nicht anhäuft. Dann sage ich mir: „Diese Jugend!“ oder ich sage mir: „Hey, dafür gibt es doch die städtischen Bediensteten. Die werden schließlich dafür bezahlt!“
Gestern lagen auf der Wiese, an der ich zuerst vorbeikomme wieder etliche zertretene Bierdosen und weggeworfene Zigarettenpackungen. Ich klagte wieder in mich rein, dachte mir: Nicht einmal 25 Ct Pfand pro Dose sind es wert, sie nicht liegen zu lassen, dachte an die städtischen Bediensteten am nächsten Morgen, und dann ging ich auf die Wiese hob alles auf und warf es selbst in den Müll. Warum? Vielleicht, weil ich denke, dass weniger Müll auf den Wiesen, weniger Leute animiert, den eigenen einfach dazu zu werfen. Vielleicht weil ich denke: Wenn das noch mehr Menschen, die der Müll stört, machten, müsste die Stadt weniger Geld für die Stadtreinigung ausgeben und könnte beispielsweise mehr im Bereich Soziales investieren. Vielleicht weil ich mir denke, dass sich die, die den Müll dort lassen, zwar mit dem Älterwerden ändern werden, aber dann durch die Nachfolgenden ersetzt werden und das Problem zu lösen daher nur von Außerhalb funktionieren wird (ich glaube nämlich nicht, dass es den überwiegend jugendlichen Verunreinigern um die Verschmutzung der Umwelt geht. Ich denke eher, es ist ein pubertäres Auflehnen gegen die Regeln der Altvorderen, und das wird es geben, solange Kinder pubertieren: Also immer!) Auf jeden Fall war es jedoch ein gutes Gefühl. Und allein dafür mache ich es gerne wieder. Vielleicht werde ich dadurch aber einfach nur zum Pfandsammler. Wer weiß!


Direkt vom Baum auf die Haut,
 und dann ab in die Mittagssonne!
Und weil ich nun so viel Zeit auf der Seewiese verbringe und bei bestem Sommerwetter draußen bin, brennt mir die Sonne ordentlich auf die Haut. Das bedeutet, morgens vor dem Haus-Verlassen Sonnencreme auftragen, und es bedeutet jede Menge Plastikverpackungen in Kauf zu nehmen, denn Sonnenschutz in Glasverpackung habe ich tatsächlich noch nie gesehen. Ich habe mich im Internet schlau gemacht und stieß auf Himbeersamenöl. Auf verschiedenen Seiten im Internet wird es angepriesen und ich dachte mi: Hey, klasse, das ist eine Alternative. Selbst gemacht, bio, und so weiter. Sogar ein Rezeptfand ich, in dem von Lichtschutzfaktor 50 die Rede ist. Australischer Standard mit deutschen Himbeeren. Bingo! Als geborener Skeptiker forschte ich jedoch weiter und fand nach langem ausfiltern begeisterter Blogautorinnen und –autoren auf eine Autorin, die die Sache mal intensiver beleuchtet hatte: Mamassind halt doch die besten! Im Ergebnis: Kokos-, Olivenöl und deren Kumpane bieten kaum einen Schutz gegen UVA- und UVB-Strahlen, und selbst Himbeersamenöl wurde noch nie am Menschen getestet, obwohl die Studie schon 15 Jahre auf dem Buckel hat. Wohl auch nicht ohne Grund! Ganz ehrlich: Die Hautkrebsrateist von Jahr zu Jahr steigend, da werde ich gewiss nicht experimentieren, um Plastikmüll zu sparen. Immerhin gibt es gute Bio-Sonnencremes. Und die verwende ich auch mit gutem Gewissen. Meine Plastikmüllbilanz gleiche ich einfach durch Seewiesen-Müll-Sammeln aus, und vielleicht finanziere ich mir ja die Sonnencremes mit dem Leergut.

Sonntag, 14. Juni 2015

Ab jetzt wird vegan gebloggt // Veganes Veranstaltungscatering: Brezeln mit veganer Sour Creme

Food-Blogging von leeren Tellern?
Vor einem dreiviertel Jahr hatte ich diesen Blog aufgesetzt und zwar in der ehrlichen Absicht, ein Vegan-Food-Blogger zu werden. Das ist eine tolle Sache für jemanden, der gerne vegan kocht und gerne fotografiert. Nun bin ich jedoch jemand, der gerne vegan kocht und gerne vegan isst. Das ist auch eine tolle Sache. Nur esse ich leider zumeist schneller als ich fotografieren kann. Das ist keine so tolle Sache. Zumindest nicht für den Blog. Mir schmeckt’s ja dennoch. Obwohl ich also das Food-Bloggen aufgrund des signifikanten Geschwindigkeitsnachteils meiner fotografischen Fähigkeiten gegenüber meinen erworbenen Nahrungsmittelaufnahmekompetenzen aufzugeben gezwungen war, möchte ich meine ursprüngliche Absicht, etwas modifiziert, dennoch weiterverfolgen. In meinem Kopf schwirren einfach zu viele Gedanken zum Thema vegane Ernährung und vegane Lebensweise, als das ich sie für mich behalten könnte. Veganes Mitteilungsbedürfnis trifft ehemaligen Food-Blog. Heraus kommt: Mein-Veganer-Alltagsgedanken-und-wenn-ich-schneller-fotografiere-als-esse-auch-Food-Blog.

Und hier geht’s auch schon mit dem ersten Non-Food-Eintrag los (wie im plasic-diary werden es wohl zwei pro Monat werden): Gestern Abend hatte ich mal wieder eine Veranstaltung. Dieses Mal jedoch inklusive Catering. Aus den Veranstaltungen, die wir seit drei Jahren im Alten Hallenbad organisieren, weiß ich: Brezeln gehen immer! Also habe ich Brezeln geholt. Natürlich habe ich mich vorher erkundigt, ob sie vegan sind. Zumeist sind sie es ja, und auch in diesem Fall waren sie es. Ich persönlich mag Brezeln am liebsten mit Dip, und natürlich musste da ein veganer her. Ich wurde, nach ein wenig Recherche, auf http://www.kochtrotz.de fündig. Anfangs erschrak ich über den Domainnamen, aber der leckereDip, den ich mithilfe des dortigen Rezeptes anbieten konnte, überzeugte mich rasch, dass das „t“ zur zweiten und nicht zur ersten Worthälfte gehört.
Kein Dip (war auch schneller gegessen als
fotografiert), aber auch vegan: Die
Herren-Eszet-Schnitte im Brötchen :)
Als Dip für 40 Brezeln hatte ich 500 g Cashews über Nacht eingeweicht, dann mit 320 ml Wasser, dem Saft von drei Zitronen, 4 EL Apfelessig und einem knappen Teelöffel Salz auf höchster Stufe in den Blender gegeben. Die 3 PS haben binnen zwei Minuten eine cremige und homogene Masse daraus gezaubert. Zum Schluss kamen noch vier gepresste Knoblauchzehen rein, die ich den Mixer ein paar Sekunden lang auf kleinster Stufe damit vermengen lies. Bis zur Veranstaltung waren noch gut drei Stunden Zeit, so dass der Dip im Kühlschrank noch etwas fester werden konnte. Heraus kam ein leckerer, cremiger Dip mit leicht säuerlicher Note. Absolut zu Recht mit Sour Creme betitelt. Alle waren begeistert: Veganer (Natürlich! Obwohl die Zeiten zum Glück lange vorbei sind, in denen man als Veganer alles aß, ganz gleich ob es schmeckte; Hauptsache, es leidet kein Tier. Das hatte früher was von veganer Passionsgeschichte: Veganer litten beim Essen anstelle der Tiere vor dem Gegessenwerden. Wer, wie ich, in den 90ern Vegetarier war, weiß, von was ich rede), Vegetarier, Flexitarier, Omnivore, Rohköstler und wer noch alles im Publikum und auf der Bühne gewesen sein mag. Rein statistisch müssen auch ein paar glückliche Laktoseunverträgliche dabei gewesen sein. Fazit: Lecker und vegan ist eine Kombination, die auch Nicht-Veganer überzeugen kann. Bye, bye, 90th!