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Sonntag, 3. Januar 2021
Wenn der Postmann zweimal mailt
Wenn der Postmann zweimal mailt
Das neue Jahr begann mit einem Impuls-Klick im Internet. Mein E-Mail-Provider machte mir ein Angebot der Post schmackhaft und ich konnte nicht widerstehen. Einen Tag später erhielt ich von der Post AG einen Brief zur Verifizierung: „Ihr Bestätigungscode für die Aktivierung der Briefankündigung im GMX Postfach“. In der beigefügten Broschüre las ich, dass mir nach der Freischaltung Briefpost vor Zustellung mit einem Foto per E-Mail angekündigt würde. Und zwar am Tag der Zustellung!
Die ausgeprägte sarkastische Ader in mir malte sich aus, wie dieser Service vor Erfindung der E-Mail im Jahr 1971 ausgesehen hätte. Ein klingelndes Telefon. „Guten Morgen, Herr Arnold! Bundesbeamte Müller hier. Wollte nur mitteilen, dass ich ihnen gerade einen Brief einwerfe. Er ist an sie adressiert.“ „An mich adressiert? In meinem Briefkasten? Vielen Dank!“ „Sehr gerne! Dieser Service ihrer Bundespost ist übrigens kostenlos!“ Nein, ist er leider nicht. Er kostet Energie. Das Internet verursacht bereits eine hohe CO2-Freisetzung. Eine E-Mail kann mit einem Verbrauch von ca. 10 Gramm pro Nachricht eingeschätzt werden. Das entspricht einer Stunde Licht mit einer Energiesparlampe. Ein Brief dahingehend kostet ca. 20 Gramm CO2 für Papier, Tinte, aber vor allem für den Transport. Wird er auch noch per E-Mail angekündigt, belastet er die Umwelt dreimal so stark wie eine E-Mail oder anders: Für dieselbe Belastung kann ich eine E-Mail versenden, die Antwort erhalten und eine Gegenantwort verschicken oder alternativ mir zwei Stunden Zeit für das Schreiben der Nachricht gönnen, während ich mich beleuchten lasse.
Warum finde ich die Briefankündigung so unsinnig? Zum einen, da sie nur maschinenlesbare Briefe und nur solche bis zu einer bestimmten Stärke umfasst. Wenn mir Großtante Gertrud also die Schenkung Ihres Vermögens auf mit Siegelwachs verschlossenem Büttenpapier in Sütterlin mitteilt, erfahre ich traurigerweise nicht schon morgens per E-Mail, dass ich gar nicht ins Büro hätte fahren müssen, weil ich reich bin, sondern erst abends, wenn ich den Briefkasten kontrolliert habe. Und darin liegt schon mein zweiter Kritikpunkt: Es wird zwar mitgeteilt, dass Post eingegangen ist, aber nicht ihr Inhalt. Das ist ein wenig wie morgens im Büro von meiner Partnerin eine Textnachricht zu bekommen, dass es abends eine Überraschung gibt. Bis ich zu Hause bin, weiß ich nicht, ob mich mein Lieblingsessen oder eine leere Wohnung erwartet. Etwas anderes ist da der e-Post-Service der Post AG. Da wird der Inhalt des Briefes elektronisch zur Verfügung gestellt, bevor er mir physisch in den Briefkasten geworfen wird, und zwar zum Zeitpunkt des Versandes. Das macht es energetisch nicht besser, verleiht jedoch immerhin Sinn. 17,4 Milliarden Briefe hat die Post-AG im letzten Jahr befördert. Dem gegenüber stehen gut 850 Milliarden E-Mails pro Jahr. Da brauchen wir nicht noch zusätzliche zum Brief. Aber wir könnten über 15 Tausend Tonnen CO2 einsparen, wenn nur noch E-Mails genutzt würden. Das ist immerhin der Klimagas-Jahresverbrauch eines mittleren Dorfes.
Was also tun? Ich habe inzwischen viele meiner Geschäftspostversender gebeten, ihre Schreiben per E-Mail oder über deren Serviceportale zuzustellen. Keine Briefpost, keine Vorankündigung, weniger Energieverbrauch. Wichtig ist jedoch, nicht benötigte E-Mails zu löschen, denn im Gegensatz zum zu Hause herumliegenden Brief, verbraucht auch deren Aufbewahrung Energie. Ob die Erbtante eine Tastatur auf Sütterlin zu Hause hat? Ich schreibe ihr.
Bildrechte: Unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert. Chris Wightman - originally posted to Flickr as all's well that inks well
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