Donnerstag, 31. Oktober 2019

Ausmisten im Oktober - #Freetober (5/5)

Ausmisten im Oktober - #Freetober (5/5)
Heute ist der letzte Tag der #freetober Challenge. Nur noch Kleinigkeiten habe ich seit Sonntag gefunden, die ich tatsächlich nicht mehr nutze und auch weitergeben mag. Gerade das Weitergeben empfinde ich als sehr wichtig. So konnte ich heute meine überzählige Festplatte verkaufen, die nun wirklich genutzt wird, und auch mein Tablet fand endlich eine Abnehmerin. Das hatte ich bereits bei meiner #freiindenmai Aussortierung im Frühjahr freisetzen wollen, aber kein Glück auf ebay-Kleinanzeigen gehabt – ein erneutes Posten bei Facebook brachte dann das gewünschte Ergebnis. Auch ein Schachspiel, das meine Freundin aussortiert hatte, wanderte zwischenzeitlich in den Besitz eines meiner Freunde, der drauf und dran war, sich ein neues zu kaufen. Wieder Ressourcen gespart! Den Rest habe ich in den Friedberger Umsonstladen gebracht, wie das Bild belegt. Schaut mal vorbei - ein toller Laden! Ein paar Sachen, die ich verkaufen und nicht verschenken möchte, warten noch auf eine Käuferin oder einen Käufer, aber wie das Tablet beweist: Geduld führt zum Ziel … und Facebook.

Und wie lautet mein Fazit über die letzten 31 Tage? Viele Schränke mit offenen Regalen haben sich merklich geleert, und ich spüre, wie positiv das auf mich wirkt – nicht nur, weil ich nun weiß, dass der Anteil an Dingen mit Nutzen in meinem Haushalt nun sehr viel näher an den hundert Prozent ist, auch weil ich merke, dass die klare Struktur eines übersichtlichen Schrankinhaltes im Gegensatz zum an ein Wuselbild erinnernden Regalfach in einer für nicht näher definierbaren Art auf mich wirkt. Ich habe den Eindruck, als klare das meine Gedanken auf und nehme unterschwellige kognitive Belastung von mir. Bitte keine weiteren Fragen! Als evidenzbasiert denkender Mensch und Berufsstatistiker fällt es mir schwer, nicht objektivierte Stellungnahmen herauszugeben *zwinker*

Meine Excel-Tabelle zeigt mir jedenfalls, dass ich nun 1.245 Dinge in meinem Besitz habe, 147 weniger als noch im Vormonat. Endlich wieder Statistik! Herrlich! Zum Abschluss sage ich, was ich schon nach den letzten beiden Aktionen sagte: Nun bin ich bei meiner persönlichen Minimalismusgrenze angelangt! Die nächste „Ausmiste“-Challenge wird also kommen!

Dienstag, 29. Oktober 2019

Der perfekte Öko!

Der perfekte Öko!

Manchmal habe ich das Gefühl, genau das ist es, was erwartet wird, wenn es darum geht, unsere Zukunft zu retten: Der perfekte Öko zu sein! Eine kurze Recherche im Internet bringt den dazu nötigen Katalog. Der perfekte Öko muss mindestens Flexitarier, noch besser Vegetarier und am besten Veganer sein, denn die Fleisch- und Milchwirtschaft in ihrer Masse vernichtet Regenwald, ist der größte CO2-Emittent von allen und verschärft den Welthunger. Er muss den öffentlichen Nahverkehr, am besten jedoch das Fahrrad nutzen, darf keinesfalls fliegen, denn nur mit einer drastischen Reduktion des Individualverkehrs lässt sich der immense Einfluss des Verkehrssektors auf Klima, Mensch um Umwelt verringern. Der Vorzeige-Öko darf natürlich keinen Plastikmüll produzieren, am besten nicht einmal Papiermüll und noch besser gar keinen Müll, denn Plastik schafft CO2 in die Atmosphäre, Papier vernichtet Bäume, und Verpackungen sind per se Ressourcenverschwender. Dann nur noch auf lokale Lebensmittel beschränken, natürlich aus ökologischem Anbau und selbstverständlich ausschließlich saisonal, und schon bin ich der perfekte Öko – und muss nur noch die Welt zu retten! 

Mit Recht sorgt das für Ängste. Was machen Frau oder Mann, wenn hungrige Mäuler zu stopfen sind und in der Regel am Ende des Geldes noch mehrere Tage des Monats übrig sind? Gewiss nicht vegan leben, denn das ist gut ein Drittel teurer als fleischbasiert. Glauben Sie nicht? Ein Pfund Hackfleisch ist für 2,49 Euro zu haben. Um dieselbe Kalorienmenge durch Kartoffeln zu ersetzen, brauche ich fast die vierfache Menge, und die, in Bioqualität natürlich, kostet 3,40 Euro. Da ist die erste Reaktion vermutlich kein „Ja zu Bio und Fleischverzicht!“ Und wie komme ich zur Arbeit, wenn mein Wohnort tief im Land verborgen liegt? Angenommen, ich wohne in Rockenberg und arbeite in Frankfurt am Main auf der Zeil, dann brauche ich, wenn es gut läuft, vierzig Minuten mit dem Auto, um gegen neun dort zu sein. Mit Bus und Bahn bin ich zweieinhalbmal so lang unterwegs und erst nach dreimaligem Umsteigen dort. Das Ganze zweimal am Tag. Das liest sich nicht, als würde es ein Streben nach ökologischer Perfektion fördern. Bei solchen Zeitunterschieden schreckt nicht einmal eine CO2-Steuer! Und wie soll ich Verpackungsmüll reduzieren oder gar lokal einkaufen, wenn ich zwar einen Supermarkt um die Ecke habe, aber der Bauernmarkt ganze zwei Ortschaften weiter und der nächste Unverpacktladen nicht einmal im selben Kreis ist? Vom saisonalen Einkauf ganz zu schweigen. Wenn ich bis zu fünf Euro für die Schale deutscher Erdbeeren in der Saison zahle, aber ganzjährig 2,99 für gleichwertige aus Spanien, macht das einen saisonalen Einkauf wenig attraktiv. Vielen ist es offensichtlich kaum möglich, die richtigen Konsumentscheidungen zu treffen. Hier ist der Staat gefragt, Subventionen deutlich stärker in den Biolandbau umzulenken als bisher, intensiver in den Nahverkehrsausbau zu investieren und deutlich den lokalen Absatz von Lebensmitteln zu fördern. Die Wirtschaft ist gefordert, verpackungsfreie Alternativen anzubieten, die Warentransportwege zu reduzieren und den Anteil saisonaler und lokaler Lebensmittel zu erhöhen.

Und wir? Nun, perfekt sein muss niemand. Vielleicht können wir bis dahin einfach mal mit dem Auto zum Bahnhof fahren und ab und an dort auf den Nahverkehr umsteigen, einmal die Woche Kartoffel- statt Hackfleischauflauf essen oder statt im Oktober importierte Erdbeeren leckere heimische Brombeeren zum Nachtisch essen. Jeder Schritt zählt!

Sonntag, 27. Oktober 2019

Ausmisten im Oktober - #Freetober (4/5)

Ausmisten im Oktober - #Freetober (4/5)
Die vierte Woche des herbstlichen Sortierens meines Hab und Guts ist zu Ende gegangen. Da ich seit Dienstag in Berlin war, entwickelten sich die Dinge sehr kurzfristig. Über meinen Buchbestand dachte ich schon seit geraumer Zeit nach und hatte auch schon das eine oder andere im Laufe des Monats aussortiert. Gestern Abend machte ich mich dann an das große Auszusortieren, denn die meisten Bücher – das hatte ich schon erwähnt – würde ich nie wieder lesen, selbst wenn ich sie für gut und sammelnswert befinde. Ich hatte gestern begonnen meinen Bücherschrank auszuräumen, als ich merkte, dass ich gerade dabei war, etwas zu tun, das mir nicht guttut. Also räumte ich erst einmal von einem Schrank in den anderen, um festzustellen, was es ist. Auch hier stellte sich dieses unwohle Gefühl ein, so dass ich wieder umsortierte und es über Nacht zunächst beim Alten ließ. Heute Morgen, sozusagen über Nacht im Unterbewusstsein herausgefunden, hatte ich die Lösung meines Problems: Gedichtsbände und Fantasybücher auszusortieren, kommt für mich nicht in Frage – selbst wenn ich die Werke von Pratchett, Adams oder Rankin kein weiteres Mal lesen oder zukünftig nicht mehr als nur kurz in einen Rielke oder Kaleko reinschmökern werde. Lyrik begleitet mich seit fast 30 Jahren – konsumierend und produzierend –, ebenso wie die fantastischen Welten mich seit langer Zeit von beiden Seiten aus begleiten. Ich mag es, diese Werke um mich zu haben, mich zu erinnern und vielleicht auch um die Chance zu haben, sie jederzeit in die Hand nehmen und lesen zu können. Stattdessen habe ich die verbliebenen zwölf belletristischen Werke außerhalb des Genres und weitere zwölf Sachbücher aussortiert – und zwar ohne auch nur ein kurzes emotionales Zittern erlebt zu haben. Einen Teil habe ich über Rebuy verkauft, den anderen Teil spende ich für den Bücherflomarkt zu Gunsten der Kita in Echartshausen, der am 3. November, von 11:00 bis 17:00 Uhr, im Dorfgemeinschaftshaus stattfindet. Habt ihr auch noch solche „Loslass“-Bücher? Dann gebt sie doch auch dorthin. Die Betreiber freuen sich bestimmt.

Ansonsten ging eine Gebrauchsanweisung in den Papiermüll (ich habe sie mir als PDF gespeichert) und meinen Hausstand verließen zwei Gitarrenlernbücher mitsamt CD (was ich kann, reicht mir) sowie ein Capo und eine Fußablage fürs Gitarrenspielen (die ich nie genutzt hatte und die, glaube ich, auch meinem Vater gehört), ein Hip-Bag (habe am Wochenende ein neues mit Slam2019-Aufdruck geschenkt bekommen, das viel schöner ist), mehrere Magnete für die Pinwand (warum auch immer ich in Summe 38 davon besaß), ein Werkzeuggürtel (von dem ich nicht einmal weiß, wie er in meinen Besitz kam) und eine Handvoll Kleiderbügel (die wieder zurück zur Reinigung gehen und dort wieder genutzt werden können).
Mittwoch ist der letzte Tag, um #freetober, die materielle Befreiungsaktion dieses Monats, abzuschließen. Mal schauen, was sich in den drei Tagen noch ergibt – in jedem Fall ein solides Abschlussresumee.

Slam 2019 - die 23. deutschsprachige Meisterschaft im Poetry Slam und die Wetterau

Slam 2019 - die 23. deutschsprachige Meisterschaft im Poetry Slam und die Wetterau

Seit gestern ist der Slam 2019 vorüber – die deutschsprachige Meisterschaft im Poetry Slam. Vier Tage Berlin liegen hinter mir. Ich hatte mich über das Jahresfinale des Poetry Slam 43 in Wiesbaden qualifiziert und freute mich, das diesjährige „Klassentreffen der Slam-Szene“ mitzuerleben. Ich traf Menschen wieder, die ich teils Jahre nicht mehr gesehen hatte. Einige davon tatsächlich fast eine Dekade nicht mehr. Manche von ihnen haben inzwischen Kinder bekommen, vereinzelt sogar ein zweites, und einige Oberlippenbärte, die sie mich kaum erkennen ließen. Ich habe Menschen mit Schnorres mit Handschlag begrüßt und mich vorgestellt, um dann festzustellen, dass wir das vor Jahren bereits getan hatten. Berlin, du kleiner Schlingel!

Die Wetterau war zu dritt angetreten, wenn man so will: Ich als derjenige, der sich als „Papa“ von „Poetry Slam Wetterau“ fühlen darf, Lea Weber als unmittelbare Gesandte unseres Kreises und letztlich Jan Cönig, der amtierende Wetterauer Kreismeister, der zwar als ebenfalls amtierender Hessenmeister antrat – Ober sticht unter –, aber das Gefühl ist das gleiche. Aus Gründen der Dramaturgie fange ich unten an, von den Ergebnissen zu berichten, starte beim Niedrigstplatzierten und ende beim Höchstplatzierten, was mir ermöglicht, bei mir selbst zu beginnen, ohne dass es egozentrisch wirkt – Aufmerksame Leser*Innen merken an dieser Stelle zu Recht an, ich hätte mich auch in meiner Erstaufzählung bereits zuerst genannt, doch auch das ist keinesfalls egozentrisch, das ist Schicksal. Ich wurde in Vorrunde acht gelost. Mindestens acht weitere Poet*Innen galt es zu schlagen, um ins Halbfinale einzuziehen. Seit das Line-up vor Wochen bekannt gegeben wurde, hatte ich mich auf meinen Text „60 Jahre“ festgelegt, einen Bombentext, in den ich alle Emotionen legen konnte und das Publikum von meiner unglaublichen Sensibilität in Bezug auf das Seelenleben anderer überzeugen können würde. Kurz vor Betreten der Bühne hatte ich mich dann entschieden meinen Text „LOLig“ zu lesen, einen Bombentext, in den ich alle Emotionen legen konnte und das Publikum von meiner unglaublichen Sensibilität in Bezug auf das Seelenleben anderer überzeugen können würde. Ich hatte einen Riesenspaß auf der Bühne und das Publikum ebenso. Ich war als siebter aufgetreten und bekam mit 9,9 Punkten sogar die höchste Einzelwertung bis dahin. Bis Tanasgol und danach Khaaro aufgetreten waren zumindest, die sich mit fantastischen Texten je einen verdienten Platz im Halbfinale sicherten. 

Vortags war Lea Weber schon aufgetreten und konnte sich mit ihrem Gebärdentext den Einzug ins Halbfinale sichern. Damit durfte ich mich bereits vor meinem eigenen Auftritt schon ein wenig im Halbfinale fühlen: Mein „Kind“ Poetry Slam Wetterau im Halbfinale – zum ersten Mal. Wie schön! Im selben Halbfinale war auch Jan. Es wurde so eine Art lyrischer Staffellauf. Ich warf aus der Vorrunde acht den sinnbildlichen Staffelstab, auf dem „Poetry Slam Wetterau“ liebevoll eingraviert war, Lea zu, die ihn im Halbfinale Jan zusteckte, der anschließend ins Finale einzog und sogar ins Finale stechen kam.
Jan Cönig ist nun Trizemeister, der drittbeste Poetry Slammer des deutschsprachigen Raums. Angetreten war er als Hessenmeister. Doch als er da oben auf der Bühne stand und die Konfettikanonen über ihm, dem Sieger Friedrich Herrmann und dem zweitplatzierten Rainer Holl bunt detonierten, da habe ich ihn gesehen, hinten in Jans Hosenbund, den Staffelstab der Wetterau, auf dem auch Lea und ich unsere Abdrücke hinterlassen hatten. Irgendwie standen wir alle mit auf der Bühne und waren alle ein wenig Sieger. Danke für vier unvergessliche Tage in Berlin!

Sonntag, 20. Oktober 2019

Ausmisten im Oktober - #Freetober (3/5)

Ausmisten im Oktober - #Freetober (3/5)
Nachdem mir nach dem letzten Post zu #freetober geschrieben wurde, es sei eine schöne Frühstückslektüre, reiche ich heute das Aussortier-Ergebnis meiner Woche freilich wieder zeitgerecht zu Marmeladenbrot und frisch gebrühtem Kaffee. Insgesamt sind auch diese Woche wieder mehr als dreißig Sachen aus meinem Besitz geschieden und alsbald auf dem Weg zum Umsonstladen oder zurück ihren Besitzern - aber dazu am Ende mehr.

Nachdem ich bei einer der letzten Ausmisteaktionen bereits intensiv meinen Schreibtisch und alle Büroutensilien, die dazu gehören, analysiert hatte, habe ich mich ihm erneut gewidmet. Beim letzten Mal hielt ich es für eine gute Idee, neben meinem großen Lineal auch noch ein kleines, ein großes Geodreieck und - da das Lineal ja auch schon einen kleinen Bruder zur Seite hat - ein kleines aufzubewahren. Heute muss ich feststellen, dass ich das große Lineal zwar genutzt hatte, die anderen drei jedoch unberührt in einem der Schreibtischfächer harrten. Ich habe nun die beiden kleinen aussortiert - mögen sie in bedürftigen Schülerhänden zur gebührenden Größe kommen.
Auch habe ich zwei von drei Radiergummis hinzugegeben. Ich hatte sie aufbewahrt, weil ich mir dachte, dass es ja Verbrauchsmittel sind und mein Primärgummi irgendwann aufgenutzt sein wird. Aber ganz ehrlich, ich nutze Bleistifte selten und wenn, dann schaffe ich es zumeist auch noch vor dem Schreiben nachzudenken und so Auszulöschendes zu vermeiden. Folglich habe ich zwei von ihnen (die am wenigsten genutzten) ebenfalls in die Umsonstladen-Kiste gegeben.
Dazu kamen eine angefangene Packung Tesa-Powerstrips und zwei Packungen Fotoeckenkleber, die seit Jahren ungenutzt in meiner Schreibtischschublade liegen.

Das Thema Fotoeckenkleber motivierte mich dann gleich mal all die unsortierten Fotos, die ich mal hatte entwickeln lassen, aber nie in ein Album eingeklebt hatte, zu sichten. Der Inhalt der Kiste reichte bis 1993 zurück und in die späten 2010er hinein - es waren schöne Momente, sie anzuschauen und mich all der Situationen zurückzuentsinnen, in denen die Bilder entstanden waren. Ich habe nun die aussagelosen und hinterkopfmotivbestimmten unter ihnen aussortiert und mir fest vorgenommen, bei meinem nächsten Besuch im Umsonstladen zu schauen, ob ich einen großen Bilderrahmen für eine Collage oder ein Fotoalbum dort finde, um die eingefangenen Momente wieder näher in mein Leben zu rücken.

Zuvorletzt habe ich einen Ankleider (ich räume jetzt meine Kleidung ordentlich in den Schrank, statt die von drei und mehr Tagen auf dem Ankleider aufeinandergehäuft im Flur zu sammeln), drei Glasmurmeln (es ist mir ein Rätsel, weshalb ich Glasmurmeln besaß), je drei Sachbücher und drei Romane (die ich mehrheitlich nie gelesen hatte, da es Fehlkäufe oder gut gemeinte Geschenke waren), eins von zwei HDMI-Kabel (obwohl ich kein Gerät mehr mit diesem Anschluss habe), zwei Unterarmtrainer (ich esse lieber Spinat für die dicken Unterarme) und vier Schlüsselanhänger sowie sechs Schlüsselbänder (die überwiegend von Veranstaltungen stammten, und Backstagepässe an sich baumeln hatten) aussortiert - bei letztgenannten muss ich wohl künftig selbstdiszipliniert abzulehnen trainieren.

Zuletzt habe ich mir vorgenommen, all die geliehenen Dinge, die sich noch bei mir tümmeln, endlich zurückzugeben - zu meiner Verteidigung: Alle Besitzer wissen, dass die Gegenstände bei mir sind und haben etwas aus meinem Besitz als Pfand. Da ich das, was sie von mir haben, offenbar ebenfalls nicht wirklich vermisse (sie sind teils seit Jahren dort, und es ist zwischenzeitlich zum Running-Gag geworden, sich des nächstgelegentlichen Austausch zu versichern, wann immer man sich trifft) und das Geliehene nur lagere, aber nicht nutze, gebe ich es jetzt wirklich zurück - nötigenfalls indem ich es in die Post gebe! Sieben Bücher, zwei DVDs, eine Blueray und eine Stromzeitschaltuhr. Die drei erstgenannten Gruppen füllten in Summe eines meines meiner acht IKEA-Regalfächer aus! Krass!

Nächste Woche wird weiter aussortiert. Ich bin gespannt, was ich noch identifiziere.

Donnerstag, 17. Oktober 2019

Workshop am 19. Oktober in Bad Nauheim

Workshop am 19. Oktober in Bad Nauheim

Gestern war unser vorletzter öffentlicher Workshop für diesen Monat im Wetteraukreis. Wer ihn in Rosbach verpasst hat, aber gerne teilgenommen hätte, muss aber nicht grummelig werden.

Am Dienstag, den 29. Oktober findet der wirklich letzte des Monats mit Svenja Preuster aka Fräulein Öko und mir statt.
Wir freuen uns, euch bei "Bad Nauheim fair wandeln e. V.", im Weltladen, In den Kolonaden 9, 61231 Bad Nauheim, zu sehen. Um acht geht es los. Der Eintritt ist frei.


Dienstag, 15. Oktober 2019

Trotz Greta Thunberg und Fridays for Future steigen die Passagierzahlen - Hamsterkäufe in der Luft?

Hamsterkäufe in der Luft

Eigentlich will ich in aller Ruhe einen Klassiker auf meinem Laptop schauen: Steven Soderberghs Katastrophenfilm Contagion. Leider vergesse ich die Benachrichtigungsfunktion meines Browsers zu deaktivieren, und gerade als ein das ganze Leben auf der Welt bedrohendes Virus ausbricht, poppt eine Meldung auf, der ich nicht widerstehen kann: Die Fluggesellschaften konnten sich trotz Greta Thunberg, Fridays-for-Future und all der Medienpräsenz des Themas Klimawandel gestiegener Passagierzahlen erfreuen. Ich blicke zum Fenster hinaus, und die Aussicht scheint das zu bejahen.  Die weitläufigen Cirruswolkenlinien zeigen, dass all das wohl zwar eine Wirkung auf die Bundesregierung hatte – wenn auch, gemessen am minimalinvasiven Klimapaket, nicht allzu viel –, aber offenbar auf den Bundesbürger nicht merklich. Woran liegt das?, frage ich mich, während Gwyneth Paltrow vor mir um ihr Leben kämpft. 

Ein Freund erzählte kürzlich von jemandem, der unbedingt noch eine Kreuzfahrt buchen wolle, solange es noch möglich sei, und während der logische Bruch seiner Entscheidung vor meinem geistigen Auge Gestalt anzunehmen beginnt, wird auf dem Monitor ein Supermarkt geplündert. Die Menschheit steht vor ihrem Virus-Ende, und Hamsterkäufe unter Umgehung des Bezahlvorgangs setzen ein. Da fällt es mir wie CO2 aus den Flugzeugturbinen! Was die Rheinische Post da beschreibt, sind nichts Anderes als Hamsterkäufe in der Luft. Jedem Fluggast ist so klar wie die Sicht in zehntausend Metern Höhe, dass wir uns in einer lebensbedrohlichen Situation befinden. Also kaufen sie sich rasch noch das, was es bald nicht mehr geben wird. Flugscham wird mit aller Gewalt in eine verstaubte Ecke des Gewissens gedrückt. Wir alle wollen ja, dass wir auch in fünfzig Jahren noch in dieser einen Welt leben können, und es wäre töricht anzunehmen, dass wir nicht auch noch das Letzte, was in unserer Macht steht, tun würden, um das zu erreichen. Nun ist es aber so, dass all diese Flugzeuge immer noch fliegen und bald vielleicht nicht mehr, denn die CO2-Steuer macht das Fliegen alsbald unwirtschaftlich – zugegeben: Nicht durch dieses Klimapaket, aber wer weiß –, also kaufen wir rasch noch den Supermarkt der Lüfte leer, denn wenn sich erst der Vorhang aus Kondensstreifen gelichtet hat, wer weiß, ob der klare Himmel dahinter in Zukunft je wieder ein Flugzeug zieren wird. Ja, natürlich setzten wir dadurch eklatante Mengen an CO2-Äquivalenten frei und heizen den Klimawandel weiter an, aber wer möchte denn seinen Enkeln später im warmen Sommer berichten, dass man ebenso wie sie nie in einem Flugzeug geflogen ist. Da fliegen wir doch lieber rasch noch ein paar Mal, und können im glutheißen Sommer unseren Enkeln mal erzählen, dass wir in letzter Sekunde beispielsweise am Nordpol vorbeigeflogen waren. „Mensch, Hannes!“, sagen wir dann. „Das war ein großer Eisbrocken damals, und da waren sogar Eisbären drauf!“ „Eisbären?“, fragt der Enkel dann, während er noch etwas 100er-Sunblocker, Marke „Mitteleuropäischer Standard“, aufträgt. „Ach, armes Enkelchen!“, sagen wir uns dann. „Wie gut, dass ich noch geflogen war und dir berichten kann!“

Entspannt lehne ich mich zurück und schaue wieder Kate Winslet und dem Virus zu. Der Supermarkt dort ist inzwischen leergeräumt. Ich muss also nur warten, bis auch hier die Flughäfen leergeräumt sind und es sich ausgehamstert hat. Condor ist vielleicht schon Vorbote. Und dann beginnt sich ein Bild vor meinem geistigen Auge zu formen. Es ist wieder der logische Bruch vom Anfang.

Montag, 14. Oktober 2019

Erste Friedberger Kulturnacht ein voller Erfolg

Erste Friedberger Kulturnacht ein voller Erfolg
Samstagabend fand die erste Friedberger Kulturnacht statt. 24 Veranstaltungen an 19 ausgewählten Orten zwischen Bahnhof und Burg. Ich selbst durfte im Adolfsturm der Burg drei Slots füllen, habe erst für Kinder aus Fionrirs Reise und dann zweimal für Erwachsene eine Auswahl meiner Gruselgeschichten gelesen. Alle Lesungen waren voll besetzt und zwischendurch hatte ich sogar Stehgäste - kein Wunder bei dieser Unmenge an Menschen, die der Friedberger Kulturrat ins Städtchen gezogen hat. Großartige Leistung, die definitiv nach einer Wiederholung schreit 😃
Danke an den Friedberger Geschichtsverein für die Einladung und die gute Betreuung an dieser schönen und außergewöhnlichen Lesestätte 👍

Vortrag und Workshop - Plastikfrei & Zerowaste

Vortrag und Workshop - Plastikfrei & Zerowaste am 16.10. in Rosbach
Am 16. Oktober 2019, ab 20:00 Uhr, sind Svenja aka Fr. Öko und ich auf Einladung des Rosbacher Forums in der Wasserburg in Nieder-Rosbach (Haingraben 16, 61169 Rosbach). Der Geschäftsführer vom BUND-Landesverband, Michael Rothkegel, leitet ein, dann darf ich etwas über meine Wandlung zum Plastik- und Müllsparer erzählen und anschließend gibt es eine Vorführung von Svenja, mit wie wenigen Hausmitteln und kaum Arbeit ihr ganz viel Umverpacktes ersetzen und so Ressourcen und auch den Geldbeutel schonen könnt. Schaut vorbei - der Eintritt ist frei :-)


Sonntag, 13. Oktober 2019

Ausmisten im Oktober - #Freetober (2/5)

Ausmisten im Oktober - #Freetober (2/5)
Die zweite Woche, in der ich mich der Ausmiste-Challenge mit dem schönen Namen #freetober angeschlossen habe, hat mich von weiteren fast fünfzig ungenutzten Gegenständen meines Haushalts befreit.

Intensiv hatte ich mich meinem Schrank mit den Sportgeräten der Kategorie "Vielleicht werde ich ja mal wieder ..." gewidmet. Um ehrlich zu sein: Nein, ich kam in den letzten Jahren nicht auf die Idee - und werde es in den kommenden Jahren auch nicht - Fußball zu spielen, einen der drei Tischtennisschläger in die Hand zu nehmen oder den Rückenprojektor umzuschnallen und wilde Abfahren mit dem Mountainbike zu absolvieren. Also wandert alles in den Unverpacktladen, und vielleicht freuen sich ein paar Kinder oder Wagemutige im Falle des Rückenprotektors. 

Weiter wanderten einige zigmal gelesene Bücher aus Badezimmer (klassische Klolektüre) und Schlafzimmer (klassische Einschlaflektüre) in die Kiste für den Büchertausch. Das ist kein Qualitätsmerkmal, das sie meinen Haushalt verlassen. Vielmehr würde ich mich freuen, anderen an den Werken zu erfreuen, und das kann ich nicht, wenn sie hier bei mir rumliegen und nur von mir gelesen werden. Insbesondere empfehle ich drei Kurzgeschichten-Sammlungen von Kishon. Wer sie möchte, nur melden!
Als die Bücher aus dem Schlafzimmer-Nachttischschränkchen weg waren, verblieb darin nur noch eine Wärmflasche, die ich nie genutzt hatte, seit sie mir vor bestimmt acht Jahren als Werbegeschenk vermacht wurde. Auch sie kam in die Kiste und damit auch der leere Schrank weg. Verrückt!

Zuletzt habe ich mich meiner Schreibtischschubladen gewidmet, und es kamen ein Zirkel und ein Zirkelset (beide ungenutzt), ein Stempelkissen (ich habe keinen Stempel), mehrere SD-Karten (ich habe nur noch zwei Geräte, die sie aufnehmen, und für die habe ich je zwei), zwei Einhandmesser (seit das Führungsverbot besteht, machen sie nicht mehr wirklich viel Sinn), ein USB-Stick mit 1 GB (habe noch zwei weitere) und ein Golfball (ich habe keinen Schläger und spiele weder Golf, noch kann ich mir einen Reim darauf machen, weshalb ich einen solchen in meiner Schublade finde) in die Kiste.

In Summe sind das 48 Gegenstände, und irgendwie wirkt es unheimlich aufgeräumt, gerade in Badezimmer und Schlafzimmer. Bin zufrieden und bin gespannt, wie kommende Woche läuft.
Und ihr? Auch was die Woche "ausgemistet"?

Samstag, 12. Oktober 2019

Eröffnung des Unverpacktladens "Honighalle" in Friedrichsdorf

Eröffnung des Unverpacktladens "Honighalle" in Friedrichsdorf
Mit der Honighalle hat heute ein Unverpacktladen in Friedrichsdorf, also nur zehn Minuten mit dem Auto von mir entfernt, eröffnet. Anfang des Jahres lief ein Crowdfunding über Startnext, an dem ich mich natürlich - aus nicht gänzlich altruistischen Gründen - beteiligt hatte. Heute durfte ich das Ergebnis meiner Investition bewundern und den großzügig bemessenen Laden in der Köpperner Straße 84 besuchen.

Schütten mit loser Ware zum Selbstabfüllen
Wie auch das gramm.genau in Frankfurt Bockenheim hat es einen Café-Betrieb angeschlossen, der am heutigen Tage voll besetzt war, was das Kuchen- und Kaffeeangebot augenscheinlich an seine Grenzen brachte. Der restliche Teil der Fläche wird vom Ladengeschäft ausgeschöpft. Es befinden sich eine Abteilung mit Waren in Glas wie Milchprodukte, aber auch verschiedenen Honigprodukten aus der Imkerei Schiesser, die den zentral gelegenen Unverpacktladen betreibt. Daneben gibt es eine Auswahl an Essigen und Ölen, die abgefüllt werden können. In einer weiteren Ecke befinden sich Drogerieprodukte wie lose Seifen und Zahnputztabletten. Gleich links neben dem Eingang sind Zutaten für das morgendliche Müsli sowie Süßwaren zu finden, die selbst portioniert werden können. Die Waage zum Ausmessen der mitgebrachten Glasbehältnisse befindet sich in unmittelbarer Nähe - natürlich können auch Pfandgläser von dort genutzt werden. Bis dahin ähnelt es dem Gießener Unverpacktladen, der nunmehr ebenso geräumig ist.

Süßwaren, Nüsse und mehr!
Das in meinen Augen Besondere ist, dass man sich sowohl Waren an der Theke abfüllen lassen kann - was ein Kolonialwarenladen-Gefühl mit sich bringt -, sie selbst an den Schütten befüllen kann, aber auch bereits in Pfandgläsern vorgefüllte Waren vorfindet. Wer nicht viel Zeit hat und nur schnell rein will, um sich ein Glas Nüsse oder Haferflocken zu holen, findet dort neben zahlreichen anderen ansonsten losen Waren, alles vorverpackt, was für den täglichen Ernährungsbedarf nötig ist.

Vorgefüllte Pfandgläser mit Haferflocken, Quinoa und Cashew
Ich habe heute das erste Viertel meines Startnext-Gutscheins ausgegeben und sehe den nächsten drei Besuchen entgegen. Bestimmt ergibt sich dann auch die Gelegenheit, mich mit dem sehr sympatischen Julius Schiesser (Bild unten, mitte) länger auszutauschen. Vielleicht bei einem Kaffee und einem (hoffentlich veganen) Kuchen aus der Theke, die dann nicht vom glücklicherweise großen Ansturm an Interessierten geplündert wurde. Ich freue mich darauf.

Kassenbereich mit meinen vier Litern Dinkel

Sonntag, 6. Oktober 2019

Ausmisten im Oktober - #Freetober (1/5)

Ausmisten im Oktober - #Freetober (1/5)
Das ist nun meine vierte monatlange Ausmisteaktion, die ich mitmache - wobei Ausmisten tatsächlich der falsche Begriff ist. Es ist kein Mist, den ich aussortiere, höchstens Mist, dass ich das meiste davon solange bei mir ungenutzt verwahrte, wenn es doch Menschen gibt, die es nutzen könnten, ohne sich Neues kaufen zu müssen. Ich mache bei der Aktion von Regina mit, die sie mit dem schönen Hashtag #freetober begonnen hat. Und so befreie ich mich im Oktober ebenfalls von etwas Besitz. Macht doch mit! Ganz ohne Stress! Schaut, was ihr nicht mehr nutzt, und dann weg damit: Ebay, Umsonstladen, Free-Your-Stuff-Gruppen, Umsonstläden, Sozialkaufhäuser, Rotes-Kreuz-Kleidersammlung, euer Freundeskreis ... freuen sich. Ich poste nun jeden Sonntag im Oktober, was ich die Tage zuvor aussortiert habe, und dann bin ich mal gespannt, was am Monatsletzten übrig bleibt. Mit 1.392 Dingen in meinem Besitz war ich gestartet.

Im Laufe der Woche habe ich 33 Kleidungsstücke aussortiert, was ich einigermaßen erstaunlich finde. Nach den drei Monatsaktionen sowie dreimaligem zusätzlichem intensiven Wüten in meinen ehemals sieben (sic) Kleiderschrankhälften, die ich allein mit meiner Kleidung gefüllt hatte, war ich bei meiner letzten solchen Challenge im Mai, nach sechs Jahren des Aussortierens und Reduzierens, der festen Überzeugung, ich wäre jetzt bei meinem persönlichen Minimum angelangt. Ich musste jedoch feststellen, dass ich drei meiner fünf Jackets nicht ein einziges Mal getragen hatte, den ganzen Sommer nicht eines meiner ärmellosen Shirts - obwohl es so heiß war - und auch manch ein anderes Kleidungsstück in größeren Anzahlen im Schrank war, als es mein Waschzyklus nötig machte. Ab zum Roten Kreuz damit.

Dann habe ich die vier Bücher der Tetralogie "Die Zwerge" von Markus Heitz an Freunde verschenkt. Ich liebe Heitz als Autoren, und diese vierbändige Chronik über den Zwerg Tungdil Goldhand fand ich großartig. Daher wäre es doch schade, wenn diese tollen Bücher ungelesen in meinem Schrank verharrten. Zudem sagte mir ein Freund: Wenn du stets nur dasselbe liest, bekommst du auch keine neuen Impulse. Schon umgesetzt, denn kaum war der Satz verhallt, hatte ich mir die Enyador-Saga von Mira Valentin auf den Ebook-Reader gezogen, sogleich verschlungen und nun mit Greg Walters Bestien-Chroniken begonnen.

Neun weitere Sachen verließen mich darüber hinaus: Ein kleiner Kleiderständer (stattdessen haben meine Freundin und ich je einen Stuhl aus der Küche im Schlafzimmer stehen, auf denen wir unsere Kleidung für den nächsten Tag zurechtlegen), eine Kühlbox und ein Koffer (die ich beide gut zehn Jahre ungenutzt auf dem Speicher stehen hatte), zwei Entkorker-Sets für Weinflaschen (beide mal geschenkt bekommen und nur selten mal die Korkenzieher genutzt - den Ausgießer mit Pfropfen nie ... ich habe Gäste, keine Reste!), drei Geschenkverpackungen für Weinflaschen (leer - Erklärung siehe oben) und eine externe Festplatte (befreit von zig Gigabyte ungehörter MP3s, ungesehener Videos und fürchterlicher Schnappschüsse - nur die schönsten habe ich behalten und zwar vernünftig beschriftet, um sie endlich auch mal wiederzufinden) - die sind jetzt erstmal bei Ebay-Kleinanzeigen, und ich bin gespannt, was die nächste Woche bringt. Allein in den Kleiderschrank zu schauen, lässt mich schon lächeln.


Dienstag, 1. Oktober 2019

Die Tuareg und der Besitz

Die Tuareg und der Besitz
Im Internet finde ich eine Zusammenfassung des Vortrages „Wie viele Dinge braucht der Mensch?“ - vom Ethnologen Prof. Spittler. Der Spezialist für die Tuareg erklärt, dass Mitglieder dieses Berbervolkes im Schnitt etwa 24-mal weniger besitzen als Deutsche. In verschiedenen anderen Quellen ist zu lesen, dass wir zwischen acht- und zehntausend Dinge besitzen; der Nomade, von dem Herr Dr. Spittler spricht, also offenbar nur zwischen 330 und 420 Dinge, darunter zum Beispiel nur 18 Kleidungsstücke. Und dabei macht es keinen Unterschied, ob der Tuareg reich oder arm ist, denn seinen Reichtum zu zeigen, ist traditionell verpönt. Der Wohlhabendste im Dorf ist also rein äußerlich vom Viehhirten, der für ihn arbeitet, kaum zu unterscheiden. Respekt, denke ich mir und erinnere mich daran, als ich vor vielen Jahren mit Hardrock-Café-Shirt und Löcherjeans zum Juwelier ging. Ich wurde völlig anders behandelt als wenige Tage später, als ich „zufällig“ nach der Arbeit und mit Hemd und Jacket in den Laden gegangen war. Ich weiß nicht, ob es bei den Tuareg Juweliere gibt, aber die dürften es wesentlich schwerer haben, jemanden abfällig zu behandeln. Immerhin verbergen sie ihren einzigen Reichtumsmarker, die Zahl ihres Viehs, ebenso gut, und selbst wenn nicht, wer würde sein Vieh schon mit sich führen, wenn er beispielsweise eine filigrane Halskette für die Liebste erwerben möchte? Ich sage nur: Elefant im Porzellanladen! Ich weiß natürlich, dass Tuareg Rinder- und keine Elefantenherden haben, die jedoch mit Sicherheit nicht weniger Arbeit machen. Und Arbeit ist ein gutes Stichwort. Ich wollte wissen, wie viel Besitz ich angehäuft habe. Ja, ich habe alle Dinge gezählt, die mir gehören. So etwas macht man an Samstagabenden, wenn man keinen Fernseher hat.

Bereits als ich mit dem ersten Raum fertig war, dem Schlafzimmer, hatte ich meine nomadische Vergleichsgruppe fast eingeholt, und das obwohl ich seit Jahren meinen Besitz um Ungenutztes reduziere. Schon drei einmonatige Ausmisteaktionen habe ich hinter mich gebracht, davor dreimal ausschließlich den Kleiderschrank reduziert. Immer noch mag ich mich nicht Minimalist nennen, doch dass ich noch so viel in meinen Schränken habe, überrascht mich dann doch. 1.392 Dinge sind es, die ich besitze, hat die Zählung ergeben. Das sind vier Tuaregs. Gerade der Kleiderschrank hat es in sich, nämlich Kleidung von stolzen elf Tuaregs. Rechnerisch versteht sich, meine Winterkleidung wäre in der Sahara ebenso fehl am Platz, wie meine Sportkleidung unpraktisch.

Das vergleichende Zählen meiner Besitztümer hat vor allem zwei Sachen bewirkt: Festzustellen, wie wenig es für ein erfülltes Leben braucht, aber vor allem zu merken, wie viele ich habe, von denen ich nicht wusste, dass ich sie besitze, geschweige denn weshalb. Ich glaube nicht, dass es eine bestimmte Zahl maximaler in Besitz befindlicher Dinge gibt, die den Minimalismus ausmachen. Jeder muss selbst definieren, was und wie viel man braucht, um glücklich zu sein, doch ich bin mir sicher, glücklicher wird man leichter, wenn man nicht mehr für so viel ungenutzten Besitz Raum, Zeit und Geld verschwenden muss. Ich jedenfalls „miste“ im Oktober wieder aus. Ebaykunden, die Besucher der Umsonstläden und meine Freunde werden sich freuen über das, was in ihren Händen wieder genutzt wird. Das macht mich nicht zum Tuareg, vielleicht nicht einmal zum Minimalisten, doch passt erst einmal alles in ein Tiny House on Wheels bin ich ja quasi auch ein wenig Nomade. Oder Minimalist. Oder beides.

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