Montag, 28. April 2008

Proklamation in ureigenster Sache

So, meine Lieben. Mir fällt nichts mehr ein. Daher bin ich  g e z w u n g e n,  satte 11 Tage das Land zu verlassen. In Richtung Inspiration. Einatmen heißt das im Übrigen, wie ich kürzlich erklärt bekam. Und einatmen werde ich warme, trockene Luft nordafrikanischen Klimas und das auf Fuerteventura. Und zwar zusammen mit dem Herrn Nachtwächter, der die Aufgabe widerwillig übernommen hatte, zu überwachen, dass ich Inspiration und nichts als Inspiration zu atmen bekommen. "Wohl bekomm's!", möchte man da rufen. Was ich auch tue. Aber erst morgen gegen 10:00 Uhr Ortszeit, wenn wir angekommen sein werden.

Und damit niemand gelangweilt die alten Texte meines Blogs lesen muss, sich immer und immer wieder fragend, ob es denn hoffentlich Inspiration auf Fuerteventura geben mag, habe ich rechtzeitig ein Gemeinschaftprojekt mit der wundervollen und begabten Calliope gestartet.

Wir haben es "Das literarische Metronom" getauft und planen, uns auf diesem Blog, zum Takt des virtuellen Metronoms, den ebenso virtuellen Schreibstift 
kapitelweise zuzuschieben und so peux à peux eine hübsche, kleine Kriminal-
geschichte entstehen zu lassen.

Man darf also gespannt sein. Das erste Kapitel ist für Mitte Mai geplant ...

Liebe Grüße und bis bald,
Euer Träger des Lichts

Das seltsame Leben des Magnus Vates
Kapitel II

„Ey, Mann! Echt! Diese abgefuckten Punks. Den nächsten, den ich in die Finger kriege, wird selbst seine Mutter nicht mehr lieben wollen. Das kannste mir glauben!“, sagte Michael, den aber alle nur Terror nannten. Und Terror war ein Name, der treffender kaum sein konnte. Wo er auftauchte, gab es Terror. Insbesondere dann, wenn er Alkohol getrunken hatte. Und davon hatte er heute reichlich. Erst vor eine halben Stunde hatten Punks ihr Vereinsheim überfallen und die Theke angezündet. Terror sinnte auf Rache. Wütend verschränkte er die Arme und starrte hinaus auf die vorbeiziehenden Wände des U-Bahnschachts. Seine Beine hatte er auf der gegenüberliegenden Sitzbank abgelegt. Er trug seine Stahlkappenspringer mit den obligatorischen weißen Schnürsenkeln. Heiner, der ihm schräg gegenüber saß, nickte nur grimmig und deutete mit seinem Daumen an, eine Kehle durchzuschneiden.

„Ja. OK, Mann. In zehn Minuten sind wir auch da. Haltet euch in den Schatten. Terror hat gesagt, ihr sollt nichts ohne ihn beginnen. Genau, Mann. Ein Befehl!“, kommandierte Ronny, der geschäftig im Mittelgang hin und her marschierte in das Handy. Ein weißes „K88“ hatte er im Vordergrund eines roten Hakenkreuzes mit Lackfarben auf die Schale gezeichnet. Der Kameradschaftsbund 88. Das waren s i e. Das war ihre Heimat. Sie gab ihnen Halt. Sie gab ihnen Beschäftigung. Sie war ihr Rückgrat. Und jetzt schwelte die alte Theke ihres Clubs, an der sie so viele Nächte gezecht und die alten Lieder gesungen hatten, vor sich hin.

Terror drehte durch deswegen. Eine gefährliche Situation. Nur keine Widerworte geben. Terror war seit drei Jahren ihr Anführer. Er hatte K88 gegründet und hatte große Pläne. Allein im letzten Jahr hatten sie vier andere Kameradschaften feindlich übernommen. In der Regel bedeutete das, das Terror ihre Anführer auf die eine oder andere Weise überzeugt hatte, sich K88 anzuschließen und sich ihm unterzuordnen. Anfangs waren sie gerade mal zu zehnt. Alle aus dem gleichen runtergekommenen Viertel. Jetzt nach drei Jahren waren sie weit mehr als 200. Und Terror hatte große Pläne. Alles musste geheim gehalten werden. Keiner durfte jemandem etwas von ihrer Organisation erzählen. Für den Verfassungsschutz waren sie nur 200 einzelne Skinheads. Die würden sich noch wundern, dachte sich Ronny allzu oft, wenn sie Terrors polemischen Reden über seine Pläne lauschten.

Sie hatten fast die Hälfte der urbanen Säuberungstruppe der K88 zusammengetrommelt. Bis sie im Industriegebiet angekommen sein würden, wären über 50 kampferprobte Skinheads dort versammelt. Eine der Fabrikhallen war von Hausbesetzern in Beschlag genommen. Terror wusste zwar, dass keiner von denen für den Brand verantwortlich war, doch es mussten Zeichen gesetzt werden, so waren seine Worte, als sie vor dem ausgebrannten Vereinsheim standen. Und Terror schrieb seine Zeichen in Blut, das wusste Ronny.

Er war seit einem Jahr Terrors rechte Hand. Sein Vorgänger wollte aussteigen und drohte, sie alle an die Polizei zu verraten, wenn sie ihn nicht gehen ließen. Terror legte ihm damals den Arm um die Schulter und sprach ganz ruhig, dass er natürlich aussteigen könne, immerhin sei er ihm eine große Hilfe gewesen. Als er ihm die versöhnende Hand reichte und er sie erleichtert ergriff, schlug Terror mit einem Glasascher auf ihn ein. Es dauerte fast eine Minute bis er fertig war. Terror war über und über mit Blut, Hirn und Schädelstückchen übersäht. Er sah aus wie ein wahnsinniger Schlachter. Und das war er. Als er von seinem Opfer aufstand, sagte er mit völlig ruhiger Stimme zu Ronny, dass er jetzt sein neuer Oberstgruppenführer sei und als ersten Auftrag dafür sorgen solle, dass jemand die „Verräterreste“ wegschaffte.

„Nächster Halt: Industriegebiet Ost. Ausstieg rechts“, tönte es blechern aus den Lautsprechern.
„Das glaube ich kaum“, grunzte Terror düster und stand auf. „Auf geht’s!“
Ronny und Heiner flankierten ihn und warteten an der Tür, bis der Zug zum Stillstand kam.

Ihr Wagon kam direkt vor einer der Wartebänke zu stehen, wo ein hagerer Geschäftsmann mit dichtem schwarzen Haar saß und sie anstarrte. „Was’s das für’n Arsch?“, kam von Heiner, dem langen Heinz, wie ihn alle nannten. Er war Terrors persönlicher Leibwächter. Er hatte sich auf der Straße einen Namen gemacht, und keiner wollte sich mit ihm messen. Er kam erst vor einen halben Jahr dazu. Direkt vom Knast in die K88. Er hatte dreieinhalb Jahre sitzen müssen, weil er bei einer Schlägerei mit drei Türken einen von ihnen erschlagen hatte. Extensiver Notwehrexzess hieß es. Terror holte ihn am Entlassungstag vom Knast ab. Sie wurden sofort Partner. Zwei vom gleichen Schlag.

„Mit dem machen wir uns warm, Alter“, sagte Terror ruhig und schlug mit der Faust in seine Hand. Als die Tür sich öffnete, schaute der Schlipsträger gerade zur Anzeigetafel. Sie bauten sich vor ihm auf, und Terror stieß ihm gegen den Fuß.
„Was hast Du uns so angestarrt, Du Schwuchtel?“, raunte Terror ihm entgegen, doch der Typ reagierte nicht. „Ey, Penner? Du nix verstehen?“, schob der lange Heinz aggressiv hinterher, und noch immer wurden sie nur aus abwesenden Augen angestarrt.
Terror ließ sein Messer aufschnappen. Das war sein Zeichen. Der Anzugmensch konnte nur noch fragen, was sie von ihm wollten, als Heiners Hand in seinen Haaren war und seinen Kopf nach hinten zog. Wie schon so oft, wenn sie Überzeugungsarbeit leisten mussten, setzte Terror sein Messer geübt an die Kehle dieses armen Teufels. Er war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort.

„Wir legen Dich um, Du dreckiger Homo. Was hast Du uns so angestarrt, Du …?“, brüllte Terror ihm entgegen und verstummte plötzlich. Ronny und Heiner starrten ihn perplex an.
„Es heißt: W a r u m hast Du uns so angestarrt? Und nicht W a s!“, flüsterte es ihnen grinsend entgegen. Terrors Augen waren geweitet und voller Panik. Sein Messer begann zu zittern und entfernte sich langsam vom Hals des Büromenschen. „Was ist los?“, fragte Ronny mit Verwirrung in der Stimme. Zu mehr kam er nicht mehr. Terrors Messer stak ihm in der nächsten Sekunde im Hals und noch bevor der lange Heinz deswegen erschrecken konnte, ereilte ihn das gleiche Schicksal. Terror ließ die Hand sinken und tat drei Schritte zurück. Jetzt stand der junge Mann auf und schaute ihm in die Angst geweiteten Augen. Er legte seinen Kopf leicht schief, grinste und kommentierte mit einem „Aha!“, dass es jetzt weiter gehe. Terror beugte sich über Ronnys leblosen Körper, nahm dessen Handy an sich und wählte den Polizeinotruf: „Guten Abend, mein Name ist Michael Karlstein. Im Industriegebiet Ost sammelt sich gerade eine große Gruppe Skinheads, um die Hausbesetzer in der Dieselstraße zu erschlagen. Kommen Sie schnell!“
Nach dem Auflegen trug er unter den stechenden Blicken des Geschäftsmanns erst seinen leblosen Leibwächter in den schwarzen Tunnel und entschwand dann selbst mit seinem Oberstgruppenführer auf den Schultern im Dunkel.

Als die U-Bahn einfuhr, hörte man ein kurzes, fernes Rumpeln. Der alleine auf dem Bahnsteig Zurückgebliebene stieg ein und freute sich, endlich nach hause zu kommen. Er freute sich auf sein Bett.

Kapitel IKapitel III

Samstag, 26. April 2008

Das seltsame Leben des Magnus Vates
Kapitel I

Erschöpft ließ sich Magnus auf einer der leeren Wartebanken in der U-Bahnstation nieder. Es war wieder einmal halb eins geworden, bis er aus dem Büro weg kam. Er hasste das. Warum konnten seine Chefs die Arbeit nicht vernünftiger aufteilen? Immer lastete alles auf ihm.

Der Bahnsteig war leer. Wer arbeitete auch noch um diese Zeit noch? Außer Pendlern verirrte sich ohnehin niemals jemand ins Industriegebiet. Wozu auch? Ein paar Geschäftsleute, die ihre Kontakte pflegten. Ein paar Handelsvertreter. Und natürlich die vielen Zulieferer.
Doch es musste wohl das einzige Industriegebiet der Welt sein, bei dessen Planung man keine normalen Kunden haben wollte. Es gab kein einziges Geschäft, geschweige denn ein Einkaufszentrum, das einen Normalbürger herlocken würde. Nichts. Nur Fabrikhallen und Bürogebäude. Ebenso langweilig und trist wie Magnus’ Job.

Warum musste er unbedingt in die Buchhaltung gehen? Ihm mit seinen Talenten hätte alles offen gestanden. Doch er hielt sich an die Tipps, die er bekam: Such Dir einen unauffälligen Job, kleide Dich unauffällig und verhalte Dich unauffällig.
Unauffällig. Dieses Wort begleitete ihn schon sein ganzes Leben, und er konnte es nicht mehr hören. Am Liebsten würde er aus all dem ausbrechen. Aber das kann er nicht. Viel zu gefährlich. Außerdem würden s i e es nicht zulassen.

Unauffällig. Immer nur unauffällig. Erschöpft seufzte Magnus, legte seinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Die Geräusche in der Menschen verlassenen U-Bahnstation verstärkten sich scheinbar, kaum dass er sie geschlossen hatte. Leise pfiff der Wind durch die dunklen U-Bahnschächte. Irgendwo her ein Klackern. Auf dem Schotter zwischen den Gleisen das Trappeln kleiner Mäusefüße. In der Ferne tropfte Wasser von der Decke. Ansonsten eine Stille, die jedem eine Gänsehaut bringen würde.

Magnus öffnete die Augen, stützte sich mit den Ellenbogen auf die Knie und schaute konzentriert zwischen die Gleise. Da saß sie, die kleine graue Hausmaus, die er zuvor gehört hatte. Neugierig blickten ihn zwei schwarze Knopfaugen an. Magnus Augen zuckten kurz und unmerklich, dann setzte sich die Maus in Bewegung, lief über die Gleise, den Bahnsteig hoch und direkt zwischen seine Füße. „Na, kleiner Freund. Überrascht?“, sagte er, während die Maus nur kurz erzitterte. „Keine Angst! Ich tu Dir nichts. Lauf! Du bis frei!“
Wie von einem Halsband befreit, drehte sich die Maus sofort um und entschwand in einem der Stadtbahntunnel.

Gleich würde die nächste U-Bahn einfahren. Die darauf wäre dann seine. Nur noch zehn Minuten. Wie sehr er sich auf sein Bett freute. Die ganze Woche war schon so verlaufen. Lange würde er das wohl nicht mehr mitmachen. Jeden Tag zehn bis zwölf Stunden Arbeit ohne Pausen. Und ohne die Einsicht seiner Vorgesetzten. Wie sagte sein Senior Manager so schön heute bei der allwöchentlichen Motivationsrede: „Herr Vates, sie wissen, dass ich diese Aufgaben keinem anderen anvertrauen kann. Sie sind der Beste, den wir haben!“ Wie schön! Schade nur, dass er die ganzen Jahre nie gespürt hat, dass es so wäre. Nur eine Beförderung in den letzten fünf Jahren, und für die musste er selbst sorgen. Dafür immer mehr Aufgaben und immer mehr Verantwortung.

Die S-Bahn fuhr ein. Müde schaute Magnus in die leeren Wagons, während sie, immer langsamer werdend, an ihm vorbei zogen. Als der Zug zum Stillstand kam, blickte er nicht mehr in einen leeren Wagon, sondern in die übellaunigen, grimmigen Gesichter dreier Skinheads. Magnus starrte sie regelrecht an. So erstaunt war er, dass um diese Uhrzeit überhaupt jemand in der U-Bahn war. Und dass auch noch jemand hier aussteigen würde, um zwanzig vor eins, konnte er sich nicht erklären. „Vielleicht ist eines der verlassenen Fabrikgebäude ihr Ziel“, dachte er sich und blickte zur Anzeigentafel. Acht Minuten noch. „Bett! Ich komme!“, kam ihm voll Vorfreude zu Gedanken.

Jemand trat gegen seine Schuhe. Als Magnus seinen Blick wieder von der Tafel zurückwandte, hatten sich die drei Glatzen um ihn herum aufgestellt.
Ein großer, gobschlächtiger Kerl mit einem schwarz-rot-karierten Blouson ergriff das Wort: „Was hast Du uns so angestarrt, Du Schwuchtel?“

Magnus war überrascht. Eigentlich war er schlagfertig, aber er war aus den Gedanken gerissen worden. Das brachte ihn auch im Büro immer wieder aus dem Konzept. Seine Gedanken gingen oft auf Reise.

„Ey, Penner? Du nix verstehen?“, sagte der Lange links von ihm. Sie waren nicht mal einen halben Meter von ihm entfernt. In der Intimdistanz, wusste er aus seinem Studium. Neben BWL hatte er auch ein paar Semester Psychologie belegt. Eine schöne Zeit war das damals.

Ein metallenes Schnappen erklang. Der Dicke vor ihm ließ ein Springmesser aufklappen. Und hielt es bedrohlich vor dem massigen Bauch mit der Spitze ihm zugewandt.

„Was wollt ihr, Jungs? Ich bin wirklich viel zu müde für so was!“, murmelte Magnus dem Anführer gelangweilt entgegen. Plötzlich griff der dritte Skin, ein kleiner drahtiger Kerl mit oliver Bomberjacke und rotem Halstuch, in Magnus Haare und riss seinen Kopf nach hinten. Wie als sei es einstudiert, schnellte die Messerhand des Dicken nach vorne und verharrte mit der Schneide an Magnus Halsschlagader. Ein leichter Riss entstand und begann sofort zu bluten.

„Wir legen Dich um, Du dreckiger Homo. Was hast Du uns so angestarrt, Du …?“, brüllte der Dicke und verstummte mitten im Satz ebenso plötzlich wie seine Hand nach vorne geschnellt war. Panik zeichnete sich auf seinen Augen ab. Seine beiden Gehilfen drehten ihm verwirrt die Köpfe zu.

Magnus Lippen umspielte ein hämisches Grinsen. „Es heißt: W a r u m hast Du uns so angestarrt? Und nicht W a s!“
Ein kaum merkliches Zucken ging durch Magnus’ Pupillen, als sich der Lange und der Drahtige ihm wieder zuwandten.

Kapitel II

Donnerstag, 24. April 2008

Verliebt

Wenn sich eine Unruhe in Dir verbreitet
Und nur einen einzigen Ruhepol ersehnt,
Wenn sich Dein Lächeln auf andere verbreitet,
Wenn Dein Mund ihren schönen Namen nur erwähnt,
Wenn Du die ganze, weite Welt umarmen willst,
Doch Deine Sehnsucht nur mit ihr im Arme stillst,
Wenn Du fühlst, dass Dein Traumesleben wirklich wird,
Solange sie nur zart in Deinem Herz logiert,
Und Du Dich glücksgefangen fragst, wie es das gibt,
So ist die Antwort denkbar leicht: Du bist verliebt!

Montag, 21. April 2008

Warum?

Fragend richte ich den Blick gen Himmel.
Über meinem Haupt kreist ein Warum.
Warum hast Du mich verlassen?
Warum hast Du mir das angetan?
Doch nur ein Habicht ruft einsam
Und ohne Antwort mir entgegen.
Bist auch Du verlassen?
Fragst auch Du nach dem Warum?
Ist der Himmel leer?
Keine Antwort scheint am Firmament.
So hör ich weiter Deinen Schrei verhallen.
Du siehst mich weiter dieses Nichts anstarren.
Bis der Grund für das Warum
Gleich Deinem Schrei im Nichts verhallt.

Sonntag, 20. April 2008

Tränen

Warum nur tragt ihr nach außen mein Leid?
Kein Grund für klammes Wangen bewandern.
Bewandert doch die Wangen der andern!
Zieht fort! Ich gelobe freies Geleit.

Ich brauche Euer Salz nicht schmecken,
Auch nicht eure Ströme auf mir ziehen,
Keinen tränenschweren Fall zu Knien.
Zieht fort! Zieht fort aus euren Verstecken.

Meine Lieder schrieb ich bereits mit Salz
Der Tränen, die ich still in mich geweint,
Mit dem Blute des Herzens, das mir greint.
So zieht fort! Zieht fort auf Trauers Walz.

Mittelerde-Zyklus: Erwachen

Geknechtet vom dem Joch der Orkenscharen
Kniet der Menschenkrieger, taub vor Scham,
Vor der Truhe, der er einst sein Schwert entnahm,
Und führt sein Messer zu den grauen Haaren,

Die einstmals wild wallten und widerstanden
Jedem Kamm, die bis zu den Schultern reichten,
Die sich niemals beugten und nie erweichten,
gleich ihm im Kampfe gegen Orkenbanden.

Mit jedem Büschel ergrauten Haars, das fällt,
Kehren alte Schlachtenlieder ihm zurück.
Vergessene Kräfte wachsen Stück für Stück
Und führen Streitaxt wie Schwert zurück ins Feld.

Der letzte Schnitt. Die Verwandlung ist vollbracht.
Stahlgraue Augen erblicken sich im Schild.
Nicht mehr seine Haare, das Lachen wird wild.
Orks, habt Acht! Der Orkenschlächter ist erwacht.

Samstag, 19. April 2008

Sonett über kreisende Gedanken

'Wie geht es Dir?', klingt stimmenlos die Frage
Und gleichfalls ohne Ton dann meine Antwort.
Keine Litanei. Bloß ein einziges Wort.
Alles sagend und Beginn meiner Klage.

'Schlecht!', höre ich mich und dann doch nicht sagen.
Und das, was mir wellenlos entgegenschallt,
Trifft mich nicht unerwartet, doch es verhallt.
Ewiger Diskurs und Frage der Fragen!

'Warum?', beginnt die Wanderung im Kreise,
Denn keinen gibt es, der diese Frage hört.
Sie klingt in mir, weswegen nur mich verstört,
Dass jeder Antwort folgt 'Warum?' ganz leise.

Ach, könnte man mich nur vom Kreis erlösen
und Gedanken im eignen Kopfe lösen.

Donnerstag, 17. April 2008

Motor meiner Träume

Zu begehren und lieben,
war der Motor der Welten,
die ich mir erträumt,
solange Dein Kuss mich benetzte,
Dein Blick mich im Herzen berührte.

So verweile mit Lippen,
So verweile mit Augen,
an Munde und Herzen zugleich
Und lass Dich verführen zum Traume,
zum Traum unsrer eigenen Welten.

Samstag, 12. April 2008

Heilige Pfründe

Ein Priester aus heiligen Pfründen
der Nächsten ließ stotternd verkünden,
dass es ihm sei zu hart,
"jenes Zöli-b-bat",
selbst Päpste schon starben in Sünden.

Engelsdorf

In Engelsdorf fand sich ein Recke,
Der baute ne Eisenbahnstrecke,
Doch gewahrte er schnell:
„Wenn ich Schienen bestell,
So ist das sehr dienlich dem Zwecke.“

Freitag, 11. April 2008

Mähren

Ein maßloser Trinker aus Mähren,
Der trank mehr denn eines zu Ehren.
Doch das finale Glas,
Das entnahm ihm den Spaß.
Man sollt' keine Stundgläser leeren.

Donnerstag, 10. April 2008

Zur Stadt

Es brachen zwei schrille Popanzen
Zur Stadt auf und wollten zum Tanzen,
Doch verschloss sich das Tor
Mit den Damen davor.
Da half auch kein Schmücken mit Pflanzen.

Konstantinopel

Die Herrscher von Konstantinopel
Verneinten die Wagen von Opel,
Hätten sie wohl gefahr’n,
Zum Trotz Ihres Gebahr’n,
Doch gab’s keinen einzigen Opel.

Rüdesheim

Zwei Bürger aus Rüdesheim waren
Am Rhein mit touristischen Scharen
Und sie gossen hinein
Ungenießbaren Wein,
Erworben von Pfälzer Barbaren.

Riga

Es wollten drei Letten nach Riga
Und stiegen auf eine Quadriga,
Doch sie kamen nicht hin,
Denn sie war’n in Berlin
Und Nike nicht ihre Amiga.

Sumpfige Gründe

Ein Fröschlein aus sumpfigen Gründen
Ereilte, ob lukullischer Sünden,
Der Verlust eines Beins.
„Das Verbliebne bleibt meins“,
So ließ er’s dem Mâitre verkünden.

Montag, 7. April 2008

An meinem See II - Mein Lied zu Deiner Melodie

In sanften Melodien kräuselt sich der See.
Der Wind malt Noten vor sich her,
Die meine Seele streicheln
Wie die schönsten Symphonien.

Stundenlang kann mich erbauen
Wie sich stille Töne auf Dir zeichnen,
Mit warmem Hauch in meinem Nacken
Und frischer Frühlingsluft in mir.

Nur kurze Zeit muss ich
Deine blauen Notenblätter schauen
Und alle Last entgleitet meiner Seele,
Wie auch mein Herz wird leicht.

Ein Lächeln beginnt dann tief in mir,
Durchströmt mich und mündet letztlich
Auf meinen Augen und Lippen.

Und mit diesen Lippen gebe ich Dir
Etwas zurück Durch dieses Lied,
Das ich Dir zu Deinen Klängen singe.

Freitag, 4. April 2008

An meinem See

Wie gefesselt stehe ich an Dir,
Atme die Ruhe, die Du strahlst,
Wie frische Frühlingsdüfte ein.
Du, türkises Auge meiner Heimat,
Lässt mich Wurzeln schlagen wollen.

Manchmal wär ich gern ein Baum,
hielt Wache Deiner schönen Ufer,
Fing Deine Schönheit mit knorrigem Auge
Und ließe mich vom gleichen Wind liebkosen.
Meine Wurzeln tränken das, was mir vergönnt.

So genieße ich nur diese Augenblicke,
wie die Sonne diamanten in Dir strahlt,
Sehe Deine zarten Wellen
mir zum Abschied winken.
Ich gehe nun, vergiss mich nicht.

Donnerstag, 3. April 2008

Das Kind in unserem Inneren

Das Kind in unserem Inneren stirbt nicht im Alter;
es wird nur erzogen.


Dieser Sinnspruch fiel mir während eines Spaziergangs ein. Auch mit dem Ankratzen der vierten Lebensdekade fühle ich mich noch immer jung genug, um wie ein albernes Kind zu sein. Nur halt nicht mehr überall ;-)

Dienstag, 1. April 2008

Im Wald

Der Waldboden knackte ehrfurchtvoll, als die schwere, braune Tatze ihren Eindruck hinterließ. Der volle Mond entließ fahles Licht durch die noch kahlen Äste der schützenden Baumkronen und beleuchtete den massigen Körper. Schritt für Schritt bahnte der ungestüme Koloss seinen Weg durch das Geäst. Die erfolglosen Versuche der pieksenden Ästlein und Sträucher, seinen Pfad zu ändern, ignorierte er mit stoischer Ruhe. Er witterte. Mit einem Stoß seiner Vorderläufe richtete er sich auf und hielt die schwarze Schnauze in den Wind. Der schwere Kopf drehte sich suchend. Erst nach links, dann nach rechts und schließlich ließ er seine kompromisslosen Zentner wieder auf die harte Erde fallen. Als die Krallen bewehrten Tatzen den Boden berühren, zittern die noch jungen Blätter, die der Frühling erst getrieben hatte. Zielstrebig brach der riesige Jäger durch das schutzlose Unterholz und bahnt sich seinen Weg. Er hat sein Ziel gefunden.

Marietta irrte seit Stunden durch den Wald. Bevor es dunkel wird, so ihre Mutter, sollte sie zuhause sein, doch die Verlockung war zu groß. Es gab einfach zu viel zu sehen. All die verschiedenen Bäume, Sträucher und Waldblumen. All die wundervollen Gerüche. Nach feuchter Erde, nach dem alten Laub vom letzten Herbst, nach Tannennadeln. Und auch so viel zu hören. Unzählige Vögel stimmten ihr Frühlingslied ein und forderten sich gegenseitig, die schönsten Melodien zu singen. Kurz nach dem Mittagessen war sie aufgebrochen, um im nahen Wald spazieren zu gehen. Wie ihre Mutter ihr auftrug, beging sie nur die bekannten Pfade. Doch dann sah sie diese zarten Rehe vor ihr. Sie waren so wundervoll anzuschauen. Wie sie anmutig auf der Lichtung standen. Marietta konnte ihre Lebensenergie förmlich spüren. Sie glaubte fast, sie riechen zu können. Sie musste ihnen einfach folgen. Hinein in den Wald. Weg von den von Pferden und Kutschrädern festgestampften Routen, die vom Dorf durch den Wald führten und sie auch sicher zurück geleitet hätten. Doch sie fand sie nicht mehr. Nur ein paar gefühlte Minuten lief sie den Rehen hinterher, bis die weder Rehe noch ihren Rückweg mehr fand. Seit Stunden schon irrte sie umher. Der Mond stand inzwischen hell am Himmel und der Wald begann unheimlich zu werden. Die Schatten wuchsen und griffen nach ihr. Eine unbekannte Unruhe rührte sich in ihr.

Ein gigantischer Schatten fiel die Lichtung herab und ließ alles Kleingetier augenblicklich verstummen. Nicht einmal der Kauz, der eben noch eine Maus erspäht und zu seinem Abendmahl erkoren hatte, traute sich von seinem Ast herunter und zog Stille der Mahlzeit vor. Jedes Tier, das schnell genug flüchten konnte, war geflüchtet. Was nicht schnell genug war, verharrte regungslos. Der mächtigste Bär, den der Wald je gesehen hatte, stand aufgebäumt vor dem Mond. Sein lautes Schnüffeln war das einzige Geräusch, das zwischen die Bäume drang. Er witterte. Die Spur wurde heißer. Der Bär wusste, dass er seinem Ziel nahe war. Zufriedenheit machte sich in ihm breit. Der wohlbekannte Geruch war so leicht aufzunehmen. Nie hätte er die Spur verloren. Die Freude, es einzuholen und zu umschlingen, übermannte den massigen Jäger. Doch plötzlich verharrte der riesige Schädel. Die Pupillen weiteten sich. Ein anderer Geruch drängte sich durch die Nase und trieb zur Eile. Mit einem Satz stieß sich das größte Raubtier des Waldes ab und rannte los. Junge Bäume brachen unter der brachialen Gewalt seiner Hatz. Die letzten Tiere flüchteten in die andere Richtung und der braune Riese entschwand im Dunkel des Waldes.

Marietta lief ziellos umher. Wies nicht das Moos an den Bäumen die Richtung. Doch in welcher Richtung lag das Dorf. Lag es nicht im Süden des Waldes? Marietta ging auf den nächsten Baum zu und fand das gesuchte Moos. Und zwar auf allen Seiten des Baumes. So kam sie nicht weiter. Der Mond stand mittlerweile hoch am Himmel. Ihre Mutter ist bestimmt schon auf dem Weg sie zu suchen. Doch was sollte sie bloß machen? Stehen bleiben? Ihr entgegen gehen? Langsam verzweifelte Marietta. Eine einsame Träne lief ihr die Wange herab und forderte ein tiefes Schluchzen ein. Plötzlich zuckte Marietta zusammen. Äste knacken hinter ihr. Sie drehte sich um und erspähte nur wenige Meter hinter ihr glühende Augen. Auch links von ihr knackte es und das zweite Paar glühender Augen fixierte sie. Sie erstarrte. Ihre Atmung wurde flach. Wie sehr wünschte sie sich, mehr bei ihrer Mutter aufgepasst zu haben. Doch ihre Mutter war nicht einmal hier. Sie würde zu spät kommen. Marietta würde nie wieder zum Dorf zurückkehren. Nie wieder gefunden werden. Als dicht an ihrer rechten Seite Äste brachen, erwachte sie aus ihrer Angststarre, drehte sich um und begann um ihr Leben zu laufen. Sie rannte so schnell, dass ihre Beine und ihre Lunge sofort wie lichterloh entfacht brannten. Ihre Verfolger trachteten ihre Jagd mit ihren letzten schnellen Sprints enden zu lassen. Dann sah Marietta den alles verschlingenden Schatten vor sich über sie hinweg kriechen und wilde Bärenaugen auf sie zukommen.

Der braune Koloss hatte sein Ziel erreicht. Keine Sekunde zu spät. Sie lief ihm entgegen. Nur noch wenige Meter. 900 Kilogramm reine Kraft sprangen nach vorne und zerbrachen die Wirbelsäule als wären es nur dünne Ästchen. Der Körper erschlaffte augenblicklich. Mit einen Angst erfüllenden Brüllen öffnete sich das Bärenmaul und entblößte Reißzähne so groß wie Kinderhände. Mit einem unerbittlichen Stoß senkten sich die Zähne in das Genick und zerbissen mit einem lauten Knirschen Halswirbel, Muskeln, Fleisch und Adern. Blutgeschmack füllte das Maul des Bären. Triumphierend und warnend zugleich reckte sich der Bär auf und brüllte sein Mark erschütterndes Grollen in die Nacht hinaus. In der Ferne sah man den letzen Wolf winselnd im Dickicht verschwinden. Schwer atmend ließ sich der Bär nieder und schaute zufrieden auf sein Werk. Eine Handtuch große Zunge leckte sich schmatzend das Blut von der Schnauze. Langsam krochen die Tiere des Waldes wieder aus ihren Verstecken und die übliche nächtliche Geschäftigkeit des Waldes setzte wieder ein. Sogar der Mond schien heller zu leuchten. Der Schatten des Kolosses lag friedlich auf dem Blut verschmierten Waldboden, als neben ihm ein kleiner Schatten erwuchs. Schritte traten neben den Bären. Kleine Kinderhände fuhren zärtlich über das Fell.
„Tut mir Leid, Mami. Es tut mir so leid.“ Große braune Bärenaugen schauten tadelnd zu ihr herüber. Marietta kroch weinend zwischen die großen Arme ihrer Mutter und ließ sich liebevoll von ihnen umschlingen.
„Ich verspreche, ich werde künftig besser aufpassen. Aber nie, Mami, nie werde ich mich in einen so großen Bären wandeln können wie Du.“, kam stolz aus Mariettas Mund.
Mit ihr auf dem Rücken liegend wanderte die Bärin unter den mahnenden Blicken des Mondes wieder dem Dorf entgegen.
„Wäre kein Vollmond gewesen, wärst Du nun tot“, dachte die Bärin, „warte bis wir zuhause sind, junges Fräulein.“
Doch das Glück, die eigene Tochter gerettet zu haben, sollte allen Zorn überwiegen und der Wald sah künftig zu Vollmondnächten einen großen und einen kleinen Bären zwischen Lunas magischen, fahlen Strahlen wandern.