Zum zweiten Mal in diesem Jahr habe ich meinen Besitz verkleinert und einen ganzen Monat täglich etwas aussortiert. Fast einhundert ungenutzte Dinge habe ich weggegeben können, wie eine in den letzten zwölf Jahren nur fünfmal gespielte E-Gitarre, eine noch nie genutzte Nudelmaschine und zwei von drei Computer-Mäusen. Warum?
Weil es erstens sehr befreiend ist, nur noch Dinge zu besitzen, die mindestens einmal im Jahr benutzt werden. Weil zweitens nichts mehr unnütz herumsteht, das Platz wegnimmt und gepflegt werden muss. Weil drittens nichts mehr in meinen Schubladen schläft und Ressourcen bindet. Und zuletzt, weil nichts mehr Kapital frisst. „Kapital?“, höre ich Sie fragen? Sie fragen zurecht. Aber der Reihe nach.
Es befreit, sich zu reduzieren. All diese kleinen ungenutzten Dinge sind winzige Baustellen vom Kaliber „Müsste mal diese Schublade aufräumen!“, „Das muss dringend zum Flomarkt!“ oder „Ob das noch funktioniert?“. All das bindet Kapazitäten im Kopf, die, einmal davon befreit, Raum für neue Gedanken bieten. Am deutlichsten habe ich das an den Umverpackungen gemerkt, die meine Vormieter auf dem Speicher zurückgelassen hatten, und von mir im Augenwinkel jedesmal, wenn ich dort oben Wäsche aufhängte, als Ich-müsste-mal-Baustelle wahrgenommen wurden. Seit sie weg sind, gehe ich völlig frei solch negativer Gedanken die Treppe zum Speicher hoch und kann mich voll auf den negativen Gedanken konzentrieren, nun Wäsche aufhängen zu müssen.
Durch meine Ausmistemonate dieses Jahr habe ich auf Schränke verzichten und so viele Fächer in den verbliebenen leeren können, dass mehr Übersicht entstanden ist. Ich suche weniger und nun finde mehr. Auch muss ich meine E-Gitarre nicht mehr abstauben. Ebenso wenig wie meine Konzert-Gitarre, denn die spiele ich, sodass sie nicht einstauben kann.
Auch bindet nichts mehr Ressourcen: Kabel, die ich aussortiert habe, dienen als Edelmetalllieferant, alte Bücher, die niemand mehr liest, sind wieder im Wertstoffkreislauf und Gebrauchtes, kann anderen dienen, ohne dass Neues gekauft werden muss.
Und zuletzt sind die verkauften Dinge keine Kapitalzehrer mehr. Hat mich auch gewundert! Früher dachte ich: Ach, die paar Euro! Doch das ist zu kurzfristig gedacht. Ich bin in einem Alter, wo ich durchaus über das Erreichen des Rentenalters nachdenken darf. Graue Haare macht mir das nicht, auch wenn sie vereinzelt zu Tage treten. Was ich jedoch heute verkaufen und anlegen kann, wird sich, bis ich 67 bin, vervierfacht haben.
Drei Beispiele des Kapitalverzehrs: Meine E-Gitarre habe ich für 160 Euro verkauft. Bis ich in Rente bin sind es 750 Euro. Verkaufe ich sie erst in einigen Jahren, bekomme ich vielleicht nur noch 140 Euro, die ich anlegen kann. Bis ich komplett ergraut bin, werden aus ihnen nur noch 650 Euro. Das Herumliegen hätte also bis dahin 100 Euro meiner Altersvorsorge gefressen. Nicht vorstellbar, wenn ich sie ungenutzt behalten und erst anlässlich meines Renteneintritts vielleicht noch für einen Fünfziger verkaufen würde. Dann hätte sie ganze 700 Euro gefressen.
Und das ist nur ein Gegenstand. Im Schnitt besitzen wir 10.000 Dinge. Manche Minimalisten besitzen nur noch Hundert. Man stelle sich vor, was für eine Rentenzeit das werden könnte. Vermutlich müsste ich kein Zimmer im Altenheim beziehen. Ich könnte mir einfach ein Altenheim kaufen.
Allerdings räume ich ein, dass ich die meisten Sachen verschenkt habe, und was ich dafür zurückbekommen habe, kann keine noch so hohe Verzinsung bieten: Freudiges Lächeln!
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