Dienstag, 11. Juli 2017

YOBO – You only buy once

„Ich kaufe mir billige Sachen, dann kann ich mir mehrfach im Jahr was leisten!“ Mich erschrecken solche Aussagen etwas. Ich habe mir gestern nach acht Jahren die erste neue Hose gekauft. Die alte war zweimal unauffällig geflickt worden - also nicht mit Comic-Motiv-Flicken, wie in meiner Kindheit, sondern mittels Stoffresten, die von innen unter die fadenscheinigen Stellen genäht wurden. Ein drittes Mal nachzubessern, wäre in Anbetracht der vielen weiteren dem Durchscheinen nahen Stellen und Angesichts der Tatsache, dass sie mir am Morgen vor dem Neukauf mitten in der S-Bahn gerissen war, weil ich es gewagt hatte, meine Beine zu überschlagen, nicht mehr wirtschaftlich. Sie war ihr Geld wert. Nicht nur, weil ich acht Jahre lang eine Hose getragen hatte, sondern auch des Unterhaltungswertes für die Menschen in meiner Umgebung wegen. Es ist schön zu sehen, wie schnell sich ein Lächeln in die Gesichter Mitreisender zaubert, wenn eine Hose an einer möglichst ungünstigen Stelle reißt. Doch wer billig kauft, dem reißt’s zweimal. Das ist zwar doppelt so unterhaltsam, aber auch doppelt so viel Ressourcenverschwendung. Ich hatte mal über 100 Shirts: Welche von Junggesellenabschieden, von Konzerten und solche, auf denen steht, dass ich vegan lebe, was praktisch ist, denn das muss ich es nicht jedem erzählen. Heute – nach vier Gängen zum Roten Kreuz – sind es noch 30, Tendenz sinkend. „Aber die Mode ändert sich doch!“, folgt dann zumeist, wenn ich so ein Acht-Jahre-Beispiel aufführe. Natürlich ändert sich die Mode. Die Frage ist doch, wie ich darauf reagiere. Wenn die Farbe des Jahres grün ist, sollte ich mir doch zunächst einmal die Frage stellen, wer das festlegt und ob ich demjenigen die Hoheit verleihen möchte, darüber zu bestimmen, welche Farben ich trage. Fest legt das der Handel, und der will, dass ich konsumiere. Nicht weil mir grün so toll steht, sondern weil er nach 30 Jahren zeitloser Blue-Jeans neue Bedarfe wecken will. Möchte ich das? Möchte ich, dass der Handel darüber bestimmt, was schön und was zeitgemäß ist? Ich persönlich mag Herr meiner selbst bleiben. Wenn alle grün tragen, dann sind wir entweder alle Förster geworden – grün, grün, grün sind alle meine Kleider – oder wir haben die Kontrolle über unser Leben verloren. Nächstes Jahr ist vielleicht Aprikot die Farbe des Jahres. Blöd, dass Aprikot und Grün zusammen ausschauen, als trüge man Tarnkleidung für das Bällebad bei IKEA. Es gibt Kleidungsstücke, die zeitlos sind. Zum Beispiel die Blue-Jeans. Die gibt es auch im Handel, und ich finde es gut, dass der Handel sie anbietet. Der Handel meint es ja auch nur gut. Mit sich und auch mit uns. Mode ändert sich. Ja! Ich bin dankbar, dass es keine Rüschenhemden mehr gibt, und Schlaghosen waren auch irgendwie merkwürdig. Doch ein wenig darauf zu achten, wie langlebig Kleidung ist, das muss man doch hinbekommen. 500 Millionen T-Shirts werden allein in Deutschland jährlich produziert. Bei 85 Millionen Bundesbürgern braucht es weder einen Taschenrechner, noch besonders ausgeprägte Neuronenschaltungen im Gehirn, um festzustellen, dass in unserem Konsumverhalten etwas nicht stimmt. Man braucht eine Weile, bis es Klick macht. Das stimmt! Aber irgendwann stellt man beim Verräumen des dritten grünen T-Shirts in seinen Kleiderschrank fest, dass da schon zwei grüne sind, und vier rote, fünf weiße, neun schwarze, sowie sechs in Aprikot, weil das vor acht Jahren schon einmal Farbe des Jahres war. Dann zählt man die Zahl seiner Oberkörper … Klick!

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