Samstag, 16. Juni 2018

Besuch beim Foodsharing-BBQ in Bensheim


Am Mittwoch hatte ich die Freude von foodsharing Hessische Bergstraße eingeladen gewesen zu sein, an deren BBQ teilzunehmen. Ich wankte zwischen Schock und Freude, als ich allein die Obst- und Gemüsemengen sah, die die Helferinnen und Helfer (Foodsaver) aus Bensheim und Umgebung binnen zwei Tagen gerettet hatten. Schockiert war ich darüber, dass tatsächlich so viel im Handel weggeworfen wird. Die Gemüse sahen nicht viel anders aus als die, die bei mir selbst zuhause im Korb liegen: Reife Bananen, Pomelos, Salate, ganze Säcke an Kartoffeln, Kohl. Freude kam dennoch auf, denn all diese Lebensmittel wurden nicht nur gerettet, sondern dienten auch dem BBQ als Grundlage. Es gab Gemüsesuppe, Grillspieße aus geretteten Paprika, Zwiebeln und Tomaten, Grillkartoffeln und jede Menge frische Salate – kostenlos.


Bevor es losging, durfte ich meinen Text „Windkrafträder“, der sich mit Lebensmittelverschwendung und Konsumkritik befasst, vortragen und damit Michaela Zengs Vortrag zum Thema „Foodsharing“ einleiten. Auch wenn ich selbst schon recht tief im Thema bin, waren „Innenansichten“ eines Foodsavers – Michaela ist Botschafterin für foodsharing Lampertheim und Umgebung – sehr erhellend, und manches schockierte mich von Neuem. Hygienebestimmungen verhindern, dass Rückläufer von Obst und Gemüse wieder in den Verkauf gehen können – so retteten die Foodsaver eine ganze Palette (!) Erdbeeren im April. Gurken, Zucchini, Kartoffeln, die nicht die richtige Form haben, bekommen die Landwirte nicht von den verarbeitenden Betrieben und Großhändlern abgenommen und werden untergepflügt, wenn Foodsaver sie nicht retten. Der Kampf um Kunden zwingt Bäckereien auch fünf Minuten vor Ladenschluss noch volle Regale haben zu müssen, sodass sich foodsharing kaum noch retten kann vor lauter Backwaren.


Ich finde es unheimlich toll, dass es diese engagierten Menschen gibt, die so tolle Geschichten wie die folgenden erst ermöglichen. Ein Teilnehmer des BBQ erzählte mir, dass er einen Unfall hatte und lange Zeit mit 150 Euro im Monat auskommen musste. Ohne foodsharing hätte er es nicht geschafft, sagte er voller Dankbarkeit und ergänzte, dass er einmal eine ganze Woche nur von geretteten Bratwürsten gelebt hätte. Eine Frau berichtete mir, sie habe seit drei Jahren keine Lebensmittel mehr gekauft und mache sehr viel der geretteten Lebensmittel ein, die sie weiterverschenke. Eine Dritte teilte mir mit, sie habe vor Jahren aus Überzeugung zu Containern begonnen; seit es die Foodsaver auch in ihrer Nähe gibt, müsse sie sich nicht mehr in dieser rechtlichen Grauzone bewegen und erreiche viel mehr Menschen.

Iris Klein und Henrike Dietermann, Botschaftern foodsharing Hessische Bergstraße
Satt und bereichert von vielen tollen Gesprächen brach ich dann vier Stunden nach meiner Ankunft die Heimreise an. Bis es so weit war, hatten sich die Obst- und Gemüsekisten und auch die Back- und Trockenwaren schon fast auf ein erträgliches Maß reduziert. Hier wird wirklich Essen gerettet.

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