In meinen Vorträgen werde ich oft
gefragt, was der Einzelne denn schon erreichen könne. Die Frage ist berechtigt.
In Deutschland brauchen wir im Schnitt 3,2 Erden, will sagen: Wenn jeder so
lebte wie wir, müsste die Erde dreikommazweimal so groß sein. Wir leben also in
einem großen Ressourcen-Defizit, das – global betrachtet – nicht einmal die
Menschen auszugleichen in der Lage sind, die den afrikanischen Kontinent
bewohnen und im Schnitt weniger als eine Erde an Ressourcen beanspruchen. Selbst
wenn ich mich auf den Bedarf einer Erde reduzierte und damit quasi in Einklang
mit der Natur lebte, muss nur ein weiterer Mensch in Deutschland geboren
werden, um meine Bemühungen zunichte zu machen. Eins plus 3,2 ist gleich 4,2. Das
macht einen Schnitt von 2,1 Erden pro Person. Reicht nicht! Der junge Mensch
gibt dann bald sein Taschengeld für Einwegplastikflaschen am Schulkiosk aus und
trinkt die schwarze Zuckerbrühe neben den Rauchern stehend heimlich hinter dem
Physikbau.
Natürlich erreiche ich als
Blogger, Netzwerker und auch über Vorträge mehr Menschen als nur jenen zweifelnden
Einzelnen. Sagen wir, dass es fünf Menschen pro Vortrag wären, die ihren
Lebensstandard auf einen Ressourcenbedarf von einer Erde reduzierten, dann
glichen sie ein durchschnittlich bedürftiges Neugeborenes in Deutschland
zumindest großzügig kaufmännisch abgerundet aus. Leider ist Deutschland keine
Insel. Emigrierte der Säugling nach der Geburt in die USA, mit ihrem
Ressourchenbedarf von fünf Erden, wäre auch dann alles für die Füße. Selbst
ohne die Auswanderung wird es mathematisch kritisch. Es werden täglich über 2.100
Kinder in Deutschland geboren. Durch die Vorträge und Workshops aller Ökos in
der Republik müssten folglich täglich über zehntausend Menschen erreicht und
zum Ressourcensparen bewegt werden. Spätestens jetzt müsste ich eigentlich das
Handtuch werfen! Peace Out! Ich bin raus und gehe mit meiner PET-Flasche in der
einen und einem Schnitzelbrötchen zu einem Euro in der anderen Hand zu den Kids
hinter dem Physikbau.
Kürzlich unterhielt ich mich mit
einem Freund und gestand, dass ich manchmal skeptisch bin, ob ich überhaupt
genug mache – gerade in Anbetracht all der Menschen, die immer wieder unsicher
sind, was sie überhaupt alleine ausrichten können. Seine Worte verblüfften
mich. Ob ich eigentlich wisse, was ich bereits bewegt habe, fragte er? Er
selbst habe sein Leben völlig umgekrempelt und mindestens acht seiner eigenen
Freunde hätten es ihm nachgetan. Alles meinetwegen und der Dinge wegen, die ich
vorgelebt hätte.
Vielleicht muss die Frage, was
der Einzelne erreichen kann, umgestellt werden und sollte lauten, wen der
Einzelne erreichen kann. Nämlich Familie, Freunde und Bekannte. Mit Ideen, mit
dem, was man vorlebt, mit dem, was vielleicht in einem Vortrag, in einem
Workshop oder auch in einem Blog oder auf Youtube gesehen wurde. Wenn jeder den
guten Willen an fünf Menschen weiterträgt und sie inspiriert, werden aus den
fünf in der zweiten Ebene schon 25, in der dritten 125, und in der fünften
Ebene haben wir schon eineinhalb Tage voll in Deutschland Neugeborener
ausgeglichen. Irgendwann ist dann die nötige Menge Mitmachender erreicht, und
es braucht gar keine Einzelimpulse mehr. Dann haben wir eine Bewegung, und die
führt in Richtung eines angemessenen Umgangs mit unserem Planeten. Wer sagt,
Reden sei Silber und Schweigen Gold, muss zwingend bedenken, dass auch diese
Edelmetalle endliche Ressourcen darstellen. „Tue Gutes und rede darüber!“ ist
die Formel.
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