Sonntag, 15. Juli 2018

Detox für die Psyche: Sieben Tage ohne Smartphone (2)


"Alles hat seine Zeit" muss der Großteil der Menschen, die ich heute getroffen habe, offenbar wieder erlernen. Mich eingeschlossen, und ich lerne gerade schwer. Ich war auf einer Schifffahrt auf dem Edersee. Ganz wenige Pärchen, die an den Tischen auf Deck saßen, unterhielten sich. Die meisten waren in ihren eigenen Onlinewelten gefangen, und sobald die Smartphones kurz ruhten, schwiegen sie sich an, schauten an ihren Partnern vorbei, aber anscheinend nicht, um die Landschaft zu genießen. Ich hatte den Eindruck, als sei es ihnen peinlich, kein Thema mit dem Partner zu finden. Ich gewann den Eindruck, als seien sie unter Gesprächszwang. Ganz so, wie es die soziale Medien bestimmen: Immer neue Eindrucke, Nachrichten und Unterhaltung. Vielleicht ist es auch das, weshalb exzessive Smartphonenutzer offenbar unglücklicher sind als sporadische.
Dann fiel mein Blick auf ein älteres Ehepaar. Weißhaarig, faltig, aber vor allem augenscheinlich glücklich. Sie sprachen ebenso wenig, doch hielten sie sich in den Armen anstelle ihrer Smartphones, schauten sich immer wieder in die Augen statt auf ihre Displays, lächelten. Das war schön, und mit diesem Bild vergaß ich lange Zeit, dass ich überhaupt ein ausgeschaltetes Smartphone in der Tasche hatte. 

Als ich zurück im Hotel war, musste ich rasch eine Email versenden, um meine Frühstücksgäste, die ich nächsten Sonntag haben werde, rasch auf eine Uhrzeit einzustimmen. Dabei signalisierte mein Smartphone natürlich auf allen Kanälen, wie viele Nachrichten auf mich warteten. 67 Benachrichtigungen und Nachrichten waren eingegangen, davon über die Hälfte auf Whatsapp und per Email. Binnen nur 30 Stunden! Ziehe ich die Schlafenszeit ab, sind das mehr als drei pro Stunde, und Instagram habe ich dabei gar nicht berücksichtigt, da meine laufende Werbeanzeige das Ergebnis verzerren würde. Wenn ich bedenke, dass mich jede Nachricht bislang blinkend animiert hatte, sofort nachzuschauen, komme ich auf 15 Minuten, die mich das stündlich kostet. Das ist ein Viertel meiner Zeit - vier Stunden am Tag. Ich bin erschrocken! Ich liege damit im Trend der Unter-30-jährigen - eine Verjüngung, die mich einmal nicht stolz, sondern nachdenklich macht.

Ich bleibe standhaft und tue weiter desinteressiert den Versuchen meines Smartpones gegenüber, mich durch Blinken zu beeinflussen. Hier der Verweis auf das gelbe Schild hinter der Bank im Bild: "Füttern verboten!" 
Tag drei kann kommen!

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