Nachdem ich diese ersten Zeilen
geschrieben habe, greife ich in meine Schreibtischschublade und möchte einen
Gedanken notieren, der mir währenddessen kam. Ich ziehe einen Stift. Lila?
Nein. Ich ziehe einen weiteren. Rot? Nein! Dann ziehe ich einen leeren
Füllfederhalter, dann einen zu dicken Filzstift, bis ich endlich einen
Kugelschreiber in der Hand halte. Beim Griff zum Notizblock erlebe ich das
Gleiche. Ich wühle mich durch Unmengen ungenutzter Klarsichthüllen und
zahlreiche leere Schnellhefter, bis ich den obersten einer Großfamilie von
Notizblöcken entnehmen kann. Der Gedanke, den ich hatte, ist inzwischen weg.
Ich schreibe dennoch etwas nieder: „Ausmisten!“
Kritischer Konsum ist gut und
wichtig. Er spart Ressourcen, denn was nicht gekauft wird, muss letztlich nicht
produziert werden. Er spart zudem Geld, denn was ich nicht kaufe, lässt mir
Mittel für Dinge, die mir wirklich wichtig sind. Was ist aber mit all dem, das
wir schon haben? Wie wäre es mit kritischem Besitz? Es ist doch nicht damit
getan, in die Zukunft zu blicken, solange die Vergangenheit noch so viel
Potential hat.
Ich zähle meine Stifte. Es sind
67 Stück, von denen ich allenthalben einen zur selben Zeit nutze, und selbst
den nur selten, da ich das meiste inzwischen unmittelbar als elektronische
Notiz speichere, die ich im Gegensatz zum papiernen Pendant sogar mit einem
Fälligkeitstermin versehen kann. Das macht die Notizblöcke natürlich noch
unsinniger. Auch sie zähle ich. Es sind 22.
Ich überlege mir, wie viele Ressourcen
all die Stifte und Blöcke in Summe bindeten, wenn es in jedem Haushalt so
aussähe. Zwei Wälder sparten wir vermutlich ein. Einen oberhalb der Grasnarbe,
der der Papierherstellung zum Opfer gefallen wäre, und einen unterhalb, der vor
Millionen Jahren schon zu Erdöl wurde und als Plastikhüllen all diese Filz- und
Kugelschreiberminen ummantelte.
Wie viele Menschen müssten
darüber hinaus weniger Stifte und Blöcke kaufen, wenn sie nicht in Herden
zusammengerottet, lichtscheu ihr einsames Dasein in den Schränken und
Schubladen der Nation fristeten, sondern verteilt würden?
Ich schaue, was noch so alles in
meinem Büro zu finden ist, das ich nicht nutze. Meine Schubladen antworten: Wasserfarbkästen,
Buntstifte und Hefterlaschen bis hin zu CD- und DVD-Rohlingen, die ich, seit es
USB-Sticks gibt, nicht mehr angefasst habe – lediglich zweimal bei Umzügen. Der
Blick schweift durch meine Wohnung und zeigt viele Schrankregale, Schubladen
und Ecken, in denen sich durchaus nützliche Gegenstände mit einer Patina aus
Staub gegen die Entdeckung tarnen mögen. Ich muss es nur angehen, denke ich mir,
und verschiebe es enthusiastisch auf einen unbestimmten regnerischen Sonntag.
Dann krätscht der Öko in mir den erfahrenen Prokrastinateur brutal zur Seite
und, um diese Riesenaufgabe zu bewältigen, entsteht die Idee einer
30-Tages-Challenge. Den ganzen April setzte ich täglich etwas Neues frei und
verschenke es, ist der Plan. Das befreit nicht nur die Schubladen. Vielleicht
möchtet ihr euch anschließen. Auf dem Blog und in Facebook folgen der Challenge
schon einige. Noch nicht ganz so viele wie Stifte in meiner Schublade sind.
Aber das zu überbieten, liegt ganz in euren Händen. Greift zu!
Dieser Beitrag steht als Podcast zur Verfügung:
Danke für diesen tollen Beitrag.
AntwortenLöschenBei Stiften habe ich auch erschrockend feststellen müssen, wie viele ich besitze und doch am liebsten meinen Füller benutze.
Besonders gefällt mir die Bereitstellung als gesprochenen Podcast!